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Nette Worte für Peking zum Amtsantritt

20. Mai 2016

Bei ihrer Vereidigung gab sich Tsai Ing-wen noch handzahm. Doch dürfte sie im Verhältnis zur Volksrepublik künftig einen anderen Ton anschlagen als ihr Vorgänger und dessen bei den Wahlen abgestrafte Kuomintang-Partei.

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Taiwans neue Präsidentin Tsai Ing-wen (Foto: Reuters/T. Siu)
Bild: Reuters/T. Siu

Taiwans neue Präsidentin Tsai Ing-wen hat sich in ihrer Antrittsrede für einen "positiven Dialog" mit der Volksrepublik China ausgesprochen. Sämtliche bestehenden Kontakte mit Peking sollten beibehalten werden, betonte Tsai vor rund 20.000 begeisterten Zuhörern in der Hauptstadt Taipeh. Auch wolle sie sich für die Erhaltung von Frieden und Stabilität in der Region einsetzen.

Erste Präsidentin in der Geschichte Taiwans

Zuvor war Tsai als erste Präsidentin Taiwans ins Amt eingeführt worden. Die 59-Jährige schwor ihren Eid im Präsidentenpalast in Taipeh. Die Politikerin der Fortschrittspartei (DPP) löst damit Ma Ying-jeou ab, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte.

Dessen Partei Kuomintang (KMT) erlebte bei den Wahlen im Januar die schwerste Niederlage ihrer Geschichte, weil sich die demokratische Inselrepublik aus Sicht vieler Taiwaner zu sehr an China angenähert hat. Tsai will dagegen eher auf Distanz zu Peking gehen, das Taiwan nur als abtrünnige Provinz betrachtet.

Vereidigung der neuen taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen (Foto: Reuters/Taipei Photojournalists Association/Pool)
Vereidigung unter den wachsamen Augen von Sun Yat-sen (1866-1921), der als Gründer des modernen Chinas verehrt wirdBild: Reuters/Taipei Photojournalists Association/Pool

Knackpunkt Ein-China-Prinzip

Seit ihrer Gründung 1949 erhebt die Volksrepublik Anspruch auf Taiwan. China sieht Taiwan als eine abtrünnige Provinz an. Unter Tsais Vorgänger Ma Ying-jeou ließ Peking in den vergangenen acht Jahren eine Annäherungspolitik zu, mit zahlreichen Verhandlungen und Abkommen. Denn Ma, dessen KMT selbst ihre Wurzeln auf dem Festland hat, bekannte sich zum Ein-China-Prinzip. Das definierten beide Seiten in ihrem eigenen Sinn: Aus Sicht der KMT gilt die Verfassung der Republik China von 1911, zumindest auf dem Papier, auch für das Festland. Und für Peking kann "Ein China" nur die Volksrepublik bedeuten.

Die Tage dieser beiderseits gesichtswahrenden Formel scheinen allerdings gezählt. Tsais DPP zieht viele Wähler an, die am liebsten die historischen Verbindungen zu China kappen würden. Obwohl Pekings Führung sie seit jeher als Separatisten verunglimpft, konnte sie nicht verhindern, dass die DPP unter Tsais Führung bei den Wahlen Anfang des Jahres den Präsidentenpalast und erstmals auch das Parlament eroberte.

Tsai ging dann auch in ihrer ersten Rede mit keinem Wort auf die Ein-China-Politik ein. Vor allem vermied die Staatschefin ein von Peking im Vorfeld gefordertes Bekenntnis zum "Konsens von 1992", der die Grundlage für eine Zusammenarbeit sei. Mit der Formel erkennen beide Seiten an, dass es nur "ein China" gibt, akzeptieren jedoch unterschiedliche Vorstellungen, was darunter verstanden wird. Tsais Schweigen dazu - es sagte mehr als tausend Worte.

sti/kle (afp, ape, dpa)