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Literatur

Taiwans Buchmesse mit Rekordzahlen

Sabine Kieselbach
9. Februar 2018

Die "Taipei International Book Exhibition" zieht hunderttausende Besucher an und gehört damit zu den größten Buchmessen der Welt. Trotzdem klagt die Branche über schlechte Zahlen. Was ist passiert im Leseland Taiwan?

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Taiwan Buchmesse in Taipeh
Bild: DW/S. Kieselbach

Wahnsinn, schwärmte noch vor wenigen Jahren die "New York Times": In Taipeh gehen die wirklich coolen Kids Samstagnacht in den Buchladen von Eslite. Lesen, ein Massenvergnügen in Taiwans Hauptstadt, die Filiale in der Dunhua South Road ist rund um die Uhr geöffnet. Aber selbst ein so großer, erfolgreicher Konzern wie Eslite mit seinen insgesamt 44 Buchhandlungen in Taiwan, Hongkong und sogar der Volksrepublik China kann die digitale Revolution und die damit einhergehenden Einbußen beim gedruckten Buch nicht leugnen. Und er setzt deshalb schon seit Jahren darauf, auch andere Produkte anzubieten: Musik, Schmuck, Filme. 

Die digitale Revolution definiert das Lesen neu

Fast ein bisschen altmodisch mutet dagegen Taipehs jährlich im Februar stattfindende Buchmesse an, die "Taipeh International Book Exhibition" (TIBE). In den zwei Messehallen im World Trade Center geht es noch bis zum 11. Februar vergleichsweise konventionell zu - hier setzt man tatsächlich noch auf das Buch und auf Autorenlesungen. Und auf den ersten Blick scheint ja auch alles beim Alten zu sein. Wie im vergangenen Jahr sind 40.000 neue Titel erschienen, ein Viertel davon Übersetzungen.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen
Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen sieht ihr Land in einem gewaltigen Transformationsprozess, wie sie bei der Eröffnung der Buchmesse in Taipeh sagteBild: Taipei Book Fair Foundation

Lange Schlangen vor den Messehallen zeugen von ungebrochenem Interesse. Wirklich? Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen spricht in ihrer Eröffnungsrede zur Messe von einem gewaltigen Transformationsprozess, den die Branche und das Land durchlaufe. Und James Chao, Direktor der Buchmesse und gleichzeitig Verleger, sagt: Im digitalen Zeitalter müssen wir das Lesen neu definieren. Er erwartet in den nächsten Jahren enorme Zuwächse im Bereich der eBooks, die derzeit einen Marktanteil von gerade einmal zwei Prozent ausmachen. So, hofft er, könnten die dramatischen Umsatzeinbrüche der Verlage - bis zu 50 Prozent in den vergangenen fünf Jahren - ein wenig ausgeglichen werden.

Der Abwärtstrend scheint vorerst gestoppt

Aber noch ist das Zukunftsmusik, und niemand mag vorhersagen, wie sich der technologische Fortschritt auf Form und Inhalte auswirkt. Chen Yu-Shiuan von Taiwans größter Literaturagentur "Bardon-Chinese" vermittelt seit vielen Jahren Buchlizenzen von und nach Taiwan. Ein Viertel der neuen Titel pro Jahr sind Übersetzungen, vor allem aus dem Englischen.

Taiwan Buchmesse in Taipeh Stephan Thome
Lebt seit vielen Jahren in Taipeh: der deutsche Schriftsteller Stephan ThomeBild: DW/S. Kieselbach

Chen Yu-Shiuan vermittelt auch regelmäßig deutsche Bücher nach Taiwan - und manchmal gibt es sogar einen Bestseller: Frank Schätzing zum Beispiel habe seinen Untersee-Thriller "Der Schwarm" in der taiwanischen Übersetzung 100.000 Mal verkauft - eine Sensation in einem so kleinen Markt wie Taiwan mit seinen gut 23 Millionen Einwohnern. Stephan Thome dagegen, Philosoph, Schriftsteller und seit vielen Jahren in Taipeh lebend, bemerkt zwar ein insgesamt großes Interesse an Deutschland. Deutsche Literatur allerdings liest nach seiner Einschätzung nur eine Minderheit.

Die Branche ist ratlos: Was wollen, was werden die Taiwaner in Zukunft lesen? Immerhin scheint der Abwärtstrend erstmals gestoppt, das Kulturministerium meldet beim Buchverkauf sogar ein Plus von drei Prozent im vergangenen Jahr. Buchmessendirektor James Chao rechnet in diesem Jahr mit einem Besucherrekord: 600.000 Besucher vor allem aus Asien werden erwartet. Wenn es doch weniger sind, dann hat das möglicherweise ganz andere Ursachen. Nach mehreren schweren Erdbeben an der taiwanischen Ostküste haben einige Verleger vom chinesischen Festland ihren diesjährigen Messebesuch gecancelt.