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Notenbank kann Lira-Verfall nicht stoppen

Mischa Ehrhardt
13. August 2018

Der Konflikt zwischen der Türkei und den USA hat zu einem freien Fall der türkischen Währung geführt, der zu Wochenbeginn anhält. Ankara reagiert - bislang mit wenig Erfolg. Die Notenbank steckt in der Zwickmühle.

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Illustration Türkei Währung Lira
Bild: Picture alliance/ZB/J. Kalaene

Der Verfall der türkischen Währung hält an - und er hält die Börsen weiter auf Trab. Bereits in der vergangenen Woche hatte der drastische Wertverlust eingesetzt, am Montag ging es weiter abwärts, seit Jahresbeginn hat die Währung fast die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versucht zu beruhigen: Die Wirtschaft seines Landes sei stark und stabil, von einer Krise könne keine Rede sein.

Das sehen Beobachter außerhalb der Türkei ein wenig anders. "Das ist Wirklichkeitsverweigerung", sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. "Natürlich steckt die Türkei in einer dicken Krise. Und es ist auch gut möglich, dass das Ganze in einer Rezession endet." Eine Rezession will Erdogan auf alle Fälle vermeiden. Auch deshalb hat er in den vergangenen Monaten den Druck auf die Zentralbank des Landes verstärkt. Denn die müsste gegen den Kursverfall und die explodierende Inflation ihrer Währung eigentlich drastisch die Zinsen erhöhen. Das aber würde potentiell die Wirtschaft bremsen, weil es das Geld verteuert.

Was tun an der Zinsfront?

In ihrer letzten Sitzung im Juni hatte die türkische Zentralbank die Leitzinsen von 16,5 auf 17,75 Prozent erhöht. Doch Zinserhöhungen sind Erdogan ein Dorn im Auge. Denn niedrige Zinsen halten seine in den vergangenen Monaten bereits schwächelnde Wirtschaft in Schwung. Deswegen hatte Erdogan quasi als erste Amtshandlung seiner Präsidentschaft im neuen Präsidialsystem ein Dekret unterzeichnet: Damit erteilte er sich die Befugnis, künftig den Präsidenten und Vizepräsidenten der Zentralbank zu ernennen. "Das sorgt für Tristesse an den Börsen -  und es sorgt für eine Verschärfung der Krise", meint Oliver Roth, Aktienhändler im Wertpapierhandelshaus Oddo Seydler.

Mit dem neuerlichen Kursverfall der Lira geht es auch am türkischen Aktienmarkt weiter stark bergab. Denn viele Unternehmen stehen auf Grund der fallenden Währung vor einem Problem: Die schwache Lira macht Firmen das Leben schwer, die sich ganz oder teilweise in fremden Währungen verschuldet haben. Zudem verteuert die schwächelnde Währung auch die Importe in die Türkei, was die Preise steigen lässt.

Auch die Bevölkerung muss deswegen leiden - in der Türkei galoppiert die Inflation geradezu. Die Menschen müssen für ihre Einkäufe spürbar immer tiefer in die Tasche greifen.

Infografik Wechselkurs Lira Dollar DE

Greifen die Maßnahmen der Notenbank?

Nachdem die Kurse an der Börse in Istanbul bereits vor dem Wochenende stark eingebrochen waren, ging die Talfahrt zu Wochenbeginn weiter. Seit Jahresbeginn hat der türkische Leitindex rund ein Viertel seines Wertes eingebüßt. Um die Krise einzudämmen, haben Regierung und Zentralbank nun eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Zum einen teilte die Zentralbank mit, dass sie den Banken des Landes alle Liquidität zur Verfügung stellen werde, die sie bräuchten. Zum anderen hat der Finanzminister und Schwiegersohn Erdogans, Berat Albayrak davon gesprochen, dass die Regierung einen "Aktionsplan" erstellt habe, um die Märkte zu beruhigen.

Viel Wirkung zeigen diese Maßnahmen bislang aber offenbar nicht. Die meisten Ökonomen außerhalb der Türkei gehen davon aus, dass vor allem Zinserhöhungen die Währung stabilisieren würden. "Die gute Option wäre, dass Erdogan einsieht, dass er einen Fehler gemacht hat. Dann könnte eine unabhängige Zentralbank das Vertrauen wieder herstellen, indem sie die Zinsen nach oben setzt", so Jörg Krämer. 

Doch danach sieht es nicht aus, im Gegenteil: Der türkische Präsident sieht die Türkei als Opfer einer Verschwörung. Und er geht davon aus, dass die unter Druck geratene Lira wieder auf ein vernünftiges Niveau klettert - wie oder warum das geschehen soll, bleibt allerdings im Unklaren. Simon Derrick, Chefanalyst des Finanzdienstleisters BNY Mellon sagt, dass die Ankündigungen und Maßnahmen aus Ankara zwar die Lage etwas beruhigten. Sie seien aber keine Lösung der Probleme.

Doch das wäre bitter nötig. Denn dass sich die wirtschaftliche Lage für die Türkei immer weiter verschärft, kann man auch in anderen Bereichen der Finanzmärkte sehen: Die Türkei muss für Anleihen immer höhere Zinsen an Investoren bezahlen. Für eine am Montag herausgegebene, 419 Millionen Lira (umgerechnet rund 55 Millionen Euro) schwere Staatsanleihe, setzte das Finanzministerium des Landes eine Rendite von 24,89 Prozent fest. Eine vergleichbare Anleihe aus dem Juli rentierte bei 20,3 Prozent. Im März lag die Rendite noch bei weniger als 14 Prozent. Angesichts dieser drastischen Entwicklungen, meint Jörg Krämer, blieben nur Kapitalverkehrskontrollen, um die Währung zu stabilisieren. "Darauf wird es wohl hinauslaufen. Denn Herr Erdogan wird stur bleiben. Am Ende steht dann vermutlich eine Rezession, also eine schwere Wirtschaftskrise."

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