Türöffner für die Bundesregierung
30. November 2021Mittelständische Unternehmen müssen Veränderungen des Marktes im Auge behalten und auf Veränderungen reagieren, ihre Produkte weiterentwickeln. Dann eröffnen sich für sie auch Chancen zur Expansion. Wie im Fall des Dortmunder Traditionsunternehmens Weckbacher, das, wenn es um die Installation von intelligenten Schließsystemen geht, zu den ersten Adressen zählt. Was schon auf Angela Merkel zutraf, gilt nun auch für Olaf Scholz: Der Weg ins Kanzleramt führt über Dortmund. Sprich: Über die Experten von Weckbacher, die 1999 den Auftrag erhielten, das Reichstagsgebäude sowie sämtliche Neubauten des Deutschen Bundestages mit Zugangssystemen auszurüsten. In den seinerzeit 33 Liegenschaften des Parlaments installierte man rund 30.000 Schließzylinder. Ein Jahrhundertauftrag für das Traditionsunternehmen, der Türen für zahlreiche Folgeaufträge öffnete.
Anfangs, räumt Geschäftsführer und Gesellschafter Dirk Rutenhofer ein, habe man befürchtet, das Projekt könnte für einen regionalen Mittelständler eine Nummer zu groß sei. Mitgemacht habe man bei der Ausschreibung aber dennoch unter dem Motto: "Dabeisein ist alles. Olympische Disziplin. Und als die Unterlagen kamen, haben wir gesagt, also mal ganz ehrlich: Das können wir auch." Offenbar überzeugend. Denn am Ende lag Weckbacher unter den 22 eingereichten Angeboten ganz vorn und erhielt den Zuschlag.
Danach folgte der Auftrag für das Schließsystem im Kanzleramt. Projekte, die für das Dortmunder Unternehmen bundesweit weitere Türen öffneten. Inzwischen unterhält Weckbacher neben dem Stammsitz in Dortmund fünf Niederlassungen in der Bundesrepublik und seit wenigen Wochen auch ein Auslandsbüro in den Niederlanden.
Sicherheitstechnische Maßanzüge
Josef Weckbacher gründete das Unternehmen 1946 als Ein-Mann-Betrieb. In den Aufbaujahren und danach drehte sich lange alles um die klassischen Schlüssel mit Bart. Zwar gehören die noch heute zum Sortiment, machen aber nur noch einen verschwindend geringen Anteil des Geschäfts aus.
Mit der Übernahme des Unternehmens durch Dirk Rutenhofer und Michael Mainz im Jahr 1992 wurden die Weichen für eine Neuausrichtung gestellt. Schon Ende der 1980er Jahre verbaute man den ersten "intelligenten Schlüssel". Zum Preis von stattlichen 4.000 D-Mark pro Tür, wie sich Geschäftsführer Rutenhofer erinnert. Lag der Jahresumsatz des Unternehmens beim Neustart mit acht Mitarbeitern noch bei 2,3 Millionen D-Mark, schlagen sich heute mit 86 Mitarbeitern rund 25 Millionen Euro in den Bilanzen nieder.
Gut vier Millionen Euro hat der expandierende Mittelständler in den Bau der neuen Firmenzentrale, des Sicherheitszentrums NRW investiert. Die angebotenen Sicherheitslösungen reichen von programmierbaren Schlüsseln über Zugangskarten und Transponder bis hin zur biometrischen Erkennung und berührungslosen Varianten etwa über die Handvene.
Schließsysteme, die Weckbacher allerdings nicht selbst herstellt, sondern auf dem europäischen Markt nach den besten Produkten sucht und daraus für Kunden die zugeschnittene Lösung kombiniert. Dabei nimmt man für sich in Anspruch, so Dirk Rutenhofer, "Hersteller neutral zu beraten und auf dieser Grundlage und der Anforderung der Kunden ein Angebot zu entwickeln".
Lösungen von der Stange gibt es nicht, da sich nicht jedes Hersteller-System für jedes Gebäude eigne. "Dazu kommen noch Aspekte wie Einbruchsmeldetechnik, Zutrittskontrollen, die gegebenenfalls auch miteinander vernetzt werden." Letztlich liefert man nach den Worten von Dirk Rutenhofer einen "sicherheitstechnischen Maßanzug".
Gewappnet gegen Cyber-Angriffe
Und diese maßgeschneiderten Lösungen sind gefragt. Ausgerüstet hat man unter anderem die Zwillingstürme der Deutschen Bank sowie den Maintower in Frankfurt, das Staatstheater in Stuttgart sowie das Universitätsklinikum in Düsseldorf. In einer Klinik wie dieser müssen die mehr als 20.000 intelligenten Türschlösser auch bei einem Ausfall von Strom und Netzwerk funktionieren.
Zu den Kunden gehören außerdem Daimler sowie Energiekonzerne wie RWE oder Eon. Nicht zu vergessen: Auch im Signal-Iduna-Park, dem Heimstadion von Borussia Dortmund, hat Weckbacher die Zugangssysteme installiert.
Zur Überwachung der bei Kunden installierten Schließsysteme hat das Unternehmen zudem einen Leitstand eingerichtet. Im Bedarfsfall, etwa dem Verlust eines programmierbaren Schlüssels, können sich die Mitarbeiter auf das System aufschalten und das Problem beheben, erläutert der für das operative Geschäft zuständige Prokurist Dennis Ochmann. Denn wenn ein Schlüssel in falsche Hände gerät, "zum Beispiel für einen Serverraum, kann ein großer Schaden entstehen und ein ganzer Betrieb lahmgelegt werden". Etwa in einer Bank oder in einer Klinik.
Gegen mögliche Cyber-Angriffe hat man darum, so Dennis Ochmann, entsprechende Vorkehrungen getroffen, indem man keine dauerhaften Leitungen offenhält, "die vielleicht angegriffen, abgehört werden könnten. Sondern wir haben eine hochsichere Verschlüsselung zu beiden Kanälen, die nur für den Moment des Informationsaustausches aufgebaut und dann sofort wieder beendet wird".
In Berlin hat Weckbacher nicht nur die Schlüssel zur Macht in im Regierungsviertel geliefert, sondern seither auch den alle zwei Jahre ausgeschriebenen Service-Auftrag für die Schließanlagen im Bundestag erhalten. Und im Juli dieses Jahres konnte Geschäftsführer Dirk Rutenhofer zur feierlichen Eröffnung des Humboldt-Forums im Berliner Schloss den symbolischen Schlüssel an den Hausherren übergeben. Für ein Bauwerk mit einer Fläche von 15 Fußballfeldern. Installiert haben die Dortmunder Sicherheitsexperten 2000 digitale und 1500 mechanische Zylinder und lieferten die dazu passenden 1.100 programmierbaren Schlüssel. Wiederum ein sicherheitstechnischer Maßanzug, diesmal zugeschnitten auf die Anforderungen einer kulturellen Einrichtung mit großen Publikumszulauf.