Südafrikas Winzer im Kampfmodus
18. September 2019Die Fahrt wirkt wie eine Zeitreise. Eben glitzerten noch die Hochhäuser von Kapstadt im Sonnenlicht und nun stehen schmucke kleine Holzhäuser am Straßenrand. Die Namen sind Französisch. Da gibt es den "Place Vendome" oder "L'Ermitage". Es ist eines der größten Weinanbaugebiete Südafrikas. Gegründet von französischen Einwanderern führt hier heute die Weinroute des Franschhoek Tals entlang.
"Cheap and cheerful", das war lange das Image südafrikanischer Weine. Nach dem Ende der Apartheid und der Aufhebung der damit verbundenen Exportverbote versuchten die Winzer, mit günstiger Massenware Märkte zu erobern. Heute kämpfen sie mühsam um Anerkennung als Produzenten von Qualitätsweinen.
Schlechtes Image trotz hoher Qualität
"Wir leiden unter unserer Vergangenheit", erzählt Maryna Calow, von Wines of South Africa, der Exportorganisation der südafrikanischen Winzer. Nach wie vor sei es für viele Winzer sehr schwierig, höhere Preise für ihre Weine durchzusetzen, obwohl sehr viel in die Qualität investiert wurde. "Die Kosten steigen und die Inflation ist hoch. Alles, was wir importieren, wie Eichenfässer oder spezielle Geräte, wird teurer. Zweidrittel unserer Winzer verlieren Geld." Calow wünscht sich höhere Marktpreise. Die Qualität südafrikanischer Weine würde das rechtfertigen, so Calow.
Takuan von Arnim hält eine Flasche Pinot Noir gegen die Sonne. Der Haute Cabriere, Pinot Noir Reserve von 2016 kostet in Deutschland 24,90 Euro, wenn man ihn dort überhaupt bekommt. Von dem Wein wurden nur 38.000 Flaschen produziert. Die meisten Weine der von Arnims sind günstiger und werden in Südafrika verkauft. Bisher gehen nur fünf Prozent in den Export.
Einzigartiger Boden
Die deutschstämmige Familie hat ihr Weingut mit dem französischen Namen nach und nach ausgebaut. 35 Hektar Weinberge gehören heute dazu. Von Arnim nimmt eine Handvoll Sand und Steinen vom Boden: "Das ist richtig alt. Man nennt es 'alter Tafelberg Sandstein.' Wir haben mit die ältesten Böden in ganz Südafrika."
Die von Arnims investierten über die Jahre vorsichtig, aber nachhaltig. Schritt für Schritt wurde das Weingut ausgebaut. Jetzt im südafrikanischen Frühling wird das Restaurant modernisiert. Der Junior, der das Weingut von seinem Vater übernommen hat, möchte künftig alles heller und freundlicher haben. Im Restaurant soll ambitionierte Küche serviert werden. Das Franschhoek Tal ist schließlich einer der kulinarischen Hotspots Südafrikas.
Südafrikas Wirtschaft stagniert
Künftig wollen die von Arnims auf jeden Fall mehr Weine exportieren, denn der Heimatmarkt ist gesättigt. Die Wirtschaft stagniert, und nur acht Prozent der Südafrikaner trinken überhaupt Wein. Die meisten bevorzugen Bier.
Auf dem nahegelegenen Weingut Boschendahl macht man sich Gedanken über die Zukunft. Es ist eines der traditionsreichsten Weingüter auf der Franschhoek Weinroute. Schon 1685 begann man hier mit dem Weinbau. Das "Herrenhaus" der Besitzerfamilie de Villiers wurde 1812 erbaut und steht unter Denkmalschutz. Die Besucher gehen leise durch das stilvoll restaurierte Haus, bestaunen Gemälde und alte Familienfotos und sitzen später bei einem Glas Wein im Garten. Die de Villiers bewirtschaften 200 Hektar Weinberge, das gesamte Gut umfasst 2000 Hektar. Es gibt eigenes Gemüse, Schweine, Rinder, alles zum Eigenverbrauch in den hauseigenen Restaurants. Am Wochenende sind die Wiesen voll mit Picknickgästen, es gibt Livemusik, und auch auf dem Rasen wird der Wein in Gläsern serviert.
Export ist wichtig
Bei Boschendahl gehen 65 Prozent der Weine in den Export. Wichtige Märkte sind Deutschland und Großbritannien, aber auch der Absatz in Schweden wächst. Pippa Carter, zuständig für das Marketing bei Boschendahl, betont, dass man sich nie von einem Markt abhängig gemacht habe. Diversifikation sei schon immer wichtig gewesen. Auch sie spricht von der Qualität der Weine, die ohne Probleme mit von europäischen Produzenten mithalten könne.
Besonders stolz ist man bei Boschendahl auf den Sekt, gegärt nach der "Methode Cap Classique." Der unterliege denselben Herstellungsmethoden und Qualitätskriterien wie französischer Champagner, sagt Carter. Teilweise seien die Kriterien sogar noch strenger. Nur, dass der Sekt eben nicht aus der Champagne käme. Der Verkaufspreis schwanke zwischen 12 und 15 Euro. "Für die Qualität, die man bekommt, ist der Preis sicherlich unter Wert", erklärt sie selbstbewusst und betont, dass südafrikanische Weine heute qualitativ deutlich besser seien als noch vor einigen Jahren. Carter kann eine ganze Reihe von prämierten Weinen vom Weingut Boschendahl aufzählen.
Wassermangel
Ein Problem macht ihr und anderen südafrikanischen Winzern Sorgen: der Wassermangel. Im vergangenen Jahr gab es eine massive Dürre mit Wasserrationierungen.
"Ich glaube der Wassernotstand hat vielen Südafrikanern die Augen geöffnet, nicht nur hier im Westkap", erzählt Maryna Carlow vom Exportverband "Wines of South Africa". "Wir sind erleichtert, dass unsere Stauseen jetzt wieder über 80 Prozent gefüllt sind, aber durch die Krise haben wir angefangen, über alternative Landwirtschaftsmethoden nachzudenken, wirklich darüber nachzudenken, wie wir bewässern, aber auch Rebsorten zu pflanzen, die dürreresistent sind."
Beim Weingut Boschendahl haben sie "eine große Leidenschaft für nachhaltige Landwirtschaft entwickelt", erzählt Pippa Carter. Der Wasserverbrauch wurde stark reduziert, und "wir achten darauf, uns um unser Land zu kümmern".
Draußen füllen sich bereits die Picknickwiesen mit Gästen. Es sind schon jetzt 33 Grad – hochsommerliche Temperaturen für die Region. Dabei hat in Südafrika gerade erst der Frühling begonnen.