Südafrika im Sicherheitsrat: Führung gefordert
15. Januar 2019Es ist das wohl wichtigste Gremium der internationalen Zusammenarbeit: der UN-Sicherheitsrat. Seit Anfang 2019 gehört Südafrika wieder zu den nichtständigen Mitgliedern des Rates und vertritt dort gemeinsam mit Elfenbeinküste und Äquatorialguinea die Interessen des afrikanischen Kontinents. Mit einem Sitz im Sicherheitsrat können die Länder in Fragen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheitspolitik prominent mitreden.
Streben nach Frieden
Genau das hat sich Südafrika als größtes der drei Länder ausdrücklich vorgenommen: "Südafrika wird den Erhalt von Frieden und Sicherheit stärken", erklärte Außenministerin Lindiwe Sisulu nach der Wahl ihres Landes durch die UN-Vollversammlung. "In diesem Sinne werden wir die gewährte Zeit im Rat dem Erbe unseres ehemaligen Präsidenten Nelson Mandela und seinem Streben nach Frieden widmen." Nach 2007/8 und 2011/12 ist das Land am Kap bereits zum dritten Mal dabei.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat 15 Mitglieder, fünf davon ständig und zehn nichtständig. Die ständigen Mitglieder Großbritannien, Frankreich, Russland, China und USA gehören dem Organ dauerhaft an und haben als einstige Siegermächte des Zweiten Weltkriegs mit dem Vetorecht besondere Kompetenzen: Jeder dieser Staaten kann Beschlüsse des Sicherheitsrates verhindern.
Eine afrikanische Stimme finden
Für die afrikanischen Mitglieder des Rates ein Problem: Wie können sie die Interessen ihres Kontinents gegenüber den Vetomächten überhaupt erfolgreich vertreten? "Wir haben aus der Vergangenheit der Debatten innerhalb der Vereinten Nationen gelernt, dass es für die afrikanischen Länder wichtig ist, mit einer Stimme zu sprechen", sagt Gustavo de Carvalho, UN-Experte des südafrikanischen Instituts für Sicherheitsstudien (ISS) in Pretoria im DW-Interview. "Eine gemeinsame Position hat stärkeres Gewicht mit Blick auf die UN-Resolutionen."
Das könne laut De Carvalho aber nur gelingen, wenn ein bestimmtes Maß an Koordination und Geschlossenheit unter den drei Mitgliedstaaten Afrikas erreicht werde. Südafrika müsse eine proaktive Rolle übernehmen, um die Staaten zusammenzubringen. "Es wird nicht immer einfach sein, ähnliche Positionen zu festigen, aber der Prozess der Vermittlung - auch unter Einbezug der Afrikanischen Union (AU) - ist entscheidend", sagt de Carvalho. "Wenn das nicht möglich ist, wird es schwierig."
Sichtbare Führung Südafrikas erwartet
Nicht unproblematisch dabei: Äquatorialguinea steht selbst bei Menschenrechtsorganisationen in der Kritik, die jüngere Geschichte der Elfenbeinküste ist von Bürgerkriegen und politischer Spaltung geplagt. Laut de Carvalho sei von Südafrika deshalb sichtbare Führung zu erwarten. Es sei historisch ungewöhnlich für ein Land, dreimal innerhalb kurzer Zeit im UN-Sicherheitsrat vertreten zu sein, fügt er hinzu. Die Kandidatur war in eine Zeit des politischen Aufbruchs unter dem neuen Präsidenten Cyril Ramaphosa gefallen.
Dank seiner Geschichte könne Südafrika wichtige Kompetenzen beisteuern: "Frieden und Sicherheit waren in Südafrikas Geschichte wichtige Aspekte", sagt de Carvalho. Südafrika habe die Erfahrungen nach der Apartheid genutzt, auf dem afrikanischen Kontinent in Konflikten zu vermitteln.
Auch Chris Vandome von der Londoner Denkfabrik Chatham House erwartet, dass Südafrika eine prominentere Rolle als die beiden anderen afrikanischen Mitgliedsstaaten spielen wird. Das lasse sich bereits daran ablesen, dass Südafrika in den Konflikten nach der jüngsten Wahl im Kongo klar Position bezogen hat. "Die Regierung hat sich auch innerhalb der Staatengemeinschaft SADC für eine politische Lösung stark gemacht, die langfristig für die kongolesischen Bürger vorteilhaft ist."
Ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat in weiter Ferne
Allerdings dürfe man auch nicht zu viel von Südafrika erwarten, fügt Vandome hinzu. "Die 'Ramaphoria' ist vorbei und der Präsident hat intern politische Probleme zu lösen." Die Wirtschaft müsse wachsen, die Landreform umgesetzt werden. "Auch wenn es schon seit Jahren Ambitionen Südafrikas auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat gibt - ich sehe das angesichts dieser Lage nicht."
Das Land sei stolz, nach dem Ende der Apartheid 1994 wieder im "Club" der Vereinten Nationen zu sein. "Aber Südafrika liebt es auch, unilateral zu agieren und sich nicht unbedingt einzufügen." So habe das Land bisher den UN-Sicherheitsrat auch dazu genutzt, seine eigene Menschenrechtsagenda voranzutreiben. "Aber auf dem Weg in die internationale Gemeinschaft ist Südafrikas Außenpolitik inzwischen pragmatischer geworden", so Vandome.