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Syriens Opposition gespalten

Andreas Gorzewski26. März 2013

Die syrische Opposition hat die Vertretung des Landes bei der Arabischen Liga übernommen. Doch sie ist zerstritten. Muas al-Chatib, Vorsitzender der Syrischen Nationalen Koalition, will sein Amt aufgeben.

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Syriens Oppositionsführer al-Chatib, hier bei einer Konferenz am 28. Februar 2013 in Rom, will zurücktreten. (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Seit viereinhalb Monaten steht Muas al-Chatib an der Spitze des Oppositionsbündnisses Syrische Nationale Koalition. Der Prediger aus Damaskus sollte möglichst viele der zersplitterten Widerstandsgruppen einen und gegenüber der Weltöffentlichkeit vertreten. Doch am vergangenen Sonntag (24.03.2013) kündigte al-Chatib (im Bild rechts) seinen Rücktritt an.

Warum der Oppositionsführer das Handtuch werfen will, ist nicht ganz klar. Auf seiner Facebook-Seite zeigte er sich enttäuscht über das Zögern der internationalen Gemeinschaft, den Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad in Damaskus zu unterstützen. Die Widerstandsgruppen fordern seit langem Waffenlieferungen. Darüber hinaus betonte der als gemäßigt geltende Islam-Gelehrte, dass die Entscheidungen im Syrienkonflikt allein von Syrern getroffen werden dürften. "Ich habe geschworen zurückzutreten, wenn bestimmte rote Linien erreicht sind. Heute erfülle ich dieses Versprechen", schrieb al-Chatib.

Streit in der Koalition ein möglicher Rücktrittsgrund

Welche "roten Linien" er meint, erklärte al-Chatib nicht. Der Direktor der Forschungsinstitution "Brookings Doha Center", Salman Shaikh, vermutet neben der Enttäuschung über die Weltgemeinschaft auch Streit innerhalb der Koalition hinter dem Rücktrittswunsch. Der Deutschen Welle sagte Shaikh, dass al-Chatib sich gegen die Bildung einer Übergangsregierung der Opposition ausgesprochen habe. Auch andere Punkte sind dem Forscher aus Katar zufolge in der Koalition umstritten. So sei das Bündnis für al-Chatib nicht breit genug aufgestellt gewesen, habe nicht genug Frauen sowie Vertreter von Minderheiten umfasst. Schließlich sei al-Chatib zu der Überzeugung gekommen, dass er außerhalb der Koalition mehr erreichen könne als innerhalb. "Das ist eine ziemlich schlimme Schlusserfolgerung, wenn die Koalition die Vertretung des syrischen Volkes sein soll", bilanziert Politikwissenschaftler Shaikh.

Die Nationale Koalition umfasst islamistische, liberale und linke Kräfte. Mehrfach war ihr vorgehalten worden, dass die islamistischen Muslimbrüder zu großen Einfluss hätten. Darüber hinaus gibt es viele Widerstandsgruppen, die sich dem Oppositionsbündnis nicht angeschlossen haben. Unter den zersplitterten Rebellengruppen in Syrien hat die Nationale Koalition mit ihrer Exilführung offenbar nur begrenzten Einfluss. "Einer der Hauptgründe für den Aufbau dieser Koalition war, eine Präsenz vor Ort und Glaubwürdigkeit zu haben. Ich würde sagen, dass sie derzeit von beidem sehr wenig hat", urteilt Shaikh.

Muas al-Chatib (l.) und Ghassan Hitto (M.) nach der Wahl der neuen Übergangsregierung am 19. März 2013. (FOto: AFP)
Al-Chatib (l.) und Hitto (M.) nach der Wahl der ÜbergangsregierungBild: AFP/Getty Images

Opposition hofft auf Meinungsumschwung bei Al-Chatib

Der Zusammenschluss von Regimegegnern hofft, dass al-Chatib seine Rücktrittsankündigung nicht wahrmacht. Sowohl die Generalversammlung als auch das Präsidialamt der Oppositionsbewegung lehnten den Rücktritt ab. Sie bescheinigten ihrem Präsidenten in einer Erklärung: "Er hat die Koalition geschickt vorwärts gebracht und ist unter den Syrern populär und akzeptiert." Auch der Koalitionsvertreter in Paris, Monzer Makhous, sagt im DW-Interview, dass viele Mitglieder des Bündnisses ihrem Vorsitzenden zuredeten, seine Entscheidung zu revidieren. "Er hat es zwar nicht fest versprochen, aber ich denke, dass er seine Meinung ändern wird", so Makhous.

Zum angekündigten Rücktritt al-Chatibs kommt der Streit innerhalb der Nationalen Koalition über die neu gebildete Übergangsregierung in den Gebieten unter Oppositionskontrolle. Die Freie Syrische Armee als eine der wichtigsten bewaffneten Gruppen des Oppositionsbündnisses will den Chef der Übergangsregierung, Ghassan Hitto, nicht anerkennen. Koalitionsvertreter Makhous wiegelt jedoch ab und sieht die Ablehnung Hittos als kleineres Problem "Die Koalition ist in der Lage, ihre Probleme zu lösen, die meiner Meinung nach vorübergehend sind."

Kritik an Verhandlungsbereitschaft von al-Chatib

Die Erklärungen der Koalition von Regimegegnern können aber nicht überdecken, dass vor allem al-Chatib viel Gegenwind ins Gesicht blies. Der Politikwissenschaftler Hasan al-Momani von der University of Jordan verweist auf die massive Kritik an dem Koalitionsführer, weil er unter bestimmten Umständen auch mit Vertreter des Assad-Regimes verhandeln wollte. Für viele Regimegegner gelten Verhandlungen mit der Regierung in Damaskus als tabu, solange Baschar al-Assad noch als syrischer Präsident im Amt ist.

Das Rücktrittsgesuch al-Chatibs und die Kritik an Hitto als Übergangspremier in den Gebieten unter Oppositionskontrolle treffen die Nationale Koalition zu einem kritischen Zeitpunkt. Am Dienstag (26.03.2013) übernahm das Oppositionsbündnis beim Gipfel der Arabischen Liga in Doha offiziell den syrischen Sitz in der Liga. Laut al-Momani war es eine Vorbedingung für die Anerkennung durch die Arabische Liga, dass sich die Opposition auf eine repräsentative Übergangsregierung einigt. Die Misstöne aus der Führungsebene stören dabei. Mühsam überdeckte Meinungsverschiedenheiten brechen wieder auf. Al-Chatib sagte zwar zu, beim Gipfeltreffen noch eine Rede zu halten, revidierte seinen Rücktrittswunsch aber zunächst nicht.

Syrische Rebellen feuern am 27. Februar 2013 in Deir Ezzor auf Regierungstruppen. Foto: AFP)
Syrische Rebellen schießen in Deir Ezzor auf RegierungssoldatenBild: ZAC BAILLIE/AFP/Getty Images

Eine Alternative zu ihrer bisherigen Führung mit al-Chatib hat die Nationale Koalition offenbar nicht. Politikwissenschaftler al-Momani sagt: "Aktuell gibt es keinen Rivalen, der ihn ersetzen könnte." Außerdem könne die Koalition nicht ganz allein über ihre Führung entscheiden. Auch die ausländischen Staaten, die den Widerstand unterstützen, wollten bei derart wichtigen Themen mitreden. Diese Staaten sind dem Forscher von der University of Jordan zufolge mit al-Chatib eigentlich ganz zufrieden.