Syrien und Iran: Einigung mit vielen Fragezeichen
27. September 2013"Wir alle waren erfreut, als Irans Außenminister Sarif kam und sich in Ton und in Inhalt so ganz anders präsentierte", sagte US-Außenminister John Kerry nach der Mammutrunde, auf der so viele Hoffnungen ruhten. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hatte sich am Donnerstag (26.09.2013) mit den obersten Diplomaten der fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschlands getroffen. Und hatte sich dabei ganz anders präsentiert als der frühere iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der in New York traditionell polterte und provozierte.
Sarif habe "einige Vorschläge mitgebracht", sagte Kerry, "und es muss jetzt hart gearbeitet werden, um diese Vorschläge auszuloten". Das soll bereits Mitte Oktober in Genf in der Schweiz geschehen. Dabei wird es sicherlich zu einem Tauschgeschäft kommen: Iranisches Entgegenkommen beim Atomprogramm gegen eine Lockerung oder gar Aufhebung der schmerzhaften Wirtschaftssanktionen.
Ein lange erwarteter Handschlag
Die Verhandlungen der Fachleute in Genf werden von vielen als Test für die ernsthaften Absichten des Irans gewertet: "Worte sind nicht genug. Was zählt sind Taten, sind greifbare Ergebnisse", sagte in New York denn auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle, der einen guten Draht zu Sarif hat und ihn sowie den neuen iranischen Präsidenten Rohani bereits zwei Tage vorher getroffen hatte.
Aber auch der US-amerikanische Außenminister John Kerry ist jetzt einen bemerkenswerten Schritt auf die Iraner zugegangen. Im Anschluss an das größere Treffen der insgesamt sieben Außenminister empfing er Sarif zu einem ersten bilateralen Gespräch, und es soll auch zu dem lange erwarteten Handschlag gekommen sein.
Der sich versöhnlich gebende Sarif sprach danach denn auch von einer "sehr substanzreichen Diskussion". Wie schon sein Präsident Hassan Rohani in der vielbeachteten Rede vor der UN-Vollversammlung versprach auch er, die Besorgnis der internationalen Gemeinschaft ernst zu nehmen und nachzuweisen, dass das iranische Atomprogramm "nichts anderes ist als friedlich". Dann sollten die Iraner den UN-Inspektoren auch erlauben, die Atomanlagen zu besichtigen, setzte US-Außenminister Kerry in einem TV-Interview nach.
"Durchbruch" bei Verhandlung über Syrien
Für Matthew Duss vom Washingtoner "Center for American Progress" war das Zweiertreffen von Kerry und Sarif ebenso ermutigend wie die Tatsache, "dass Sarif Vorschläge mitgebracht hat. Das zeigt, dass die versöhnlichen Worte der iranischen Führung mit dem festen Willen verknüpft sind, sich in dieser harten Sache auch zu engagieren." Die hartnäckige Diplomatie der Obama-Regierung zahle sich damit aus, sagte der Nahost-Experte der Deutschen Welle.
Und einen weiteren diplomatischen Fortschritt feierten die US-Amerikaner: Ihre Einigung mit Russland über eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zu Syrien. Die Diplomaten sprachen sogar von einem "Durchbruch". Für Außenminister Kerry stand nach einem erneuten Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow fest: "Wir haben eine Übereinkunft zur UN-Resolution erreicht. Wir arbeiten jetzt abschließend daran, den Text zusammenzustellen."
Erlaubt die Syrien-Resolution Gewaltanwendung?
Ob man sich wirklich, wie das US-Außenministerium in einer Pressemitteilung behauptet, auf eine "starke, bindende und durchsetzungsstarke" Resolution geeinigt hat, die im Falle der Nichtbefolgung durch Syrien auch Gewaltanwendung zulasse, ist jedoch äußerst zweifelhaft. Die "New York Times" hat in dem Entwurfstext keinen formellen Bezug mehr auf Kapitel VII der UN-Charta gefunden, die in einem solchen Fall eine Gewaltanwendung möglich macht. Damit hätten sich die Russen klar durchgesetzt, die einen Gewaltautomatismus immer abgelehnt haben.
In dem Resolutionsentwurf findet sich auch kein Hinweis auf die Verantwortlichen für den tödlichen Chemiewaffeneinsatz in der Nähe von Damaskus. Dennoch lobte Bundesaußenminister Westerwelle den Text als einen "Schritt in die richtige Richtung". Die Einigung lasse auf einen rechtlich verbindlichen Rahmen hoffen, der Syriens Führung "klare Vorgaben" mache und einen "präzisen Zeitplan" für die Beseitigung der Chemiewaffen vorgebe.
Resolution ändert nichts am Bürgerkrieg
Während Russen und Amerikaner in New York das Ergebnis ihrer Verhandlungen feiern, wird in Syrien weitergekämpft, sterben Tag für Tag Zivilisten. Wie auch immer die UN-Resolution schließlich formuliert wird: an dem blutigen Bürgerkrieg ändert sie zunächst nichts. "Es stimmt, dass die Resolution uns der Lösung des syrischen Bürgerkrieges kein bisschen näher bringt", räumt Matthew Duss ein. Sie diene erst einmal dem dringendsten Ziel der Obama-Regierung, künftige Einsätze chemischer Waffen zu verhindern.
"Den Iran in die Gespräche über die Zukunft Syriens einzubeziehen, ist allerdings ein positives Signal für eine politische Lösung", sagt Duss. Daran arbeiten die Diplomaten in New York. Möglicherweise wird schon in den nächsten Tagen ein Termin für eine internationale Syrien-Konferenz in Genf bekanntgegeben. Genf II, wie Fachleute das Treffen nennen, soll dann endlich alle Konfliktparteien an einen Tisch bringen.