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Erinnerung an den 20. Juli 1944

19. Juli 2011

Für die Deutschen war der 20. Juli 1944 lange ein schwieriges Datum. Auch nach dem Krieg wurden die Verschwörer um Claus Graf Schenk von Stauffenberg noch als "Verräter" beschimpft. Heute werden sie als Helden geehrt.

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Die Gedenktafel für die hingerichteten Hauptverschwörer des 20. Juli 1944 im Bendlerblock in Berlin erinnert an General Ludwig Beck, General Friedrich Olbricht, Oberst Graf Schenk von Stauffenberg, Oberst Ritter Mertz von Quirnheim und Oberleutnant Werner von Haeften (Foto: AP)
Gedenktafel für die Hinrichtungsopfer vom 20. Juli 1944Bild: AP

Lange Zeit taten sich die Deutschen schwer mit den Erinnerungen an das gescheiterte Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 und seine Folgen. Peter Yorck Graf von Wartenberg, einer der Widerstandskämpfer, drückte es vor seiner Hinrichtung durch die Nazis im August 1944 in seinem Abschiedsbrief so aus: "Vielleicht kommt doch einmal die Zeit, wo man eine andere Würdigung für unsere Haltung findet, wo man nicht als Lump, sondern als Mahnender und Patriot gesehen wird."

Um Anerkennung wird lange gerungen

Claus Graf Schenk von Stauffenberg mit seinen Kindern Berthold, Franz-Ludwig und Haimeran (Foto: dpa)
Die Kinder von Stauffenberg wurden nach dem Attentat in Kinderheime gestecktBild: AP

Diese Anerkennung mussten sich die Verschwörer um Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg und ihre Angehörigen aber auch in der noch jungen Bundesrepublik erst mühsam erstreiten. Denn zunächst machten andere von sich reden: Ex-Major Otto Ernst Remer etwa, unter dessen Kommando 1944 das Berliner Wachbataillon militärisch gegen die Widerstandkämpfer um Stauffenberg vorgegangen war.

Remer, der nach dem Krieg Mitbegründer der später verbotenen Sozialistischen Reichspartei (SRP) war, bezeichnete die Offiziere des 20. Juli als "Landesverräter". Dafür wurde Remer 1952 zwar zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, der konnte er aber durch Flucht ins Ausland entgehen. Remer hatte ausgesprochen, was viele damals wohl dachten.

Zwiespältige Erinnerung

Drei Bundeswehrsoldaten vor der Erinnerungstafel im Berliner Bendlerblock, mit der die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 geehrt werden (Foto: dapd/AP)
Eine Erinnerungstafel im Berliner Bendlerblock ehrt die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944Bild: AP

In der jungen Bundeswehr, in der noch zahlreiche ehemalige Wehrmachtsoffiziere ihren Dienst taten, vermied man zunächst jede Erinnerung an den Widerstand der Offiziere um Stauffenberg. Stattdessen versuchte man, sich an soldatischen Traditionen der Reichswehr und der Wehrmacht zu orientieren, die für positiv erachtet wurden. Dahinter stand auch das Eigeninteresse der ehemaligen Offiziere, am Mythos einer "sauberen Wehrmacht" zu arbeiten.

Erst nach und nach gelang es, den 20. Juli 1944 zu einem positiven Bezugspunkt der Bundeswehr zu entwickeln. 1961 wurde in Sigmaringen in Baden-Württemberg dann zum ersten Mal eine Kaserne nach Graf Stauffenberg benannt.

Veränderte Sicht

Dabei verlief die Anerkennung in Westdeutschland nicht ohne Widersprüche. Das Attentat blieb ein ungeliebtes Thema, die Erinnerung wurde aber zumindest durch Gedenkreden am Leben gehalten. Und die Generation der 68er wollte nur ungern die Sichtweise akzeptieren, nach welcher der maßgebliche Widerstand von Grafen und Generälen geleistet wurde.

Zum ersten (und einzigen) Mal gedachte die kurz darauf aufgelöste Nationale Volksarmee (NVA) der DDR am 20. Juli 1990 der Wiederstandskämpfer um Oberst Stauffenberg: Im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung in Strausberg bei Ost-Berlin legten 400 Berufssoldaten den neu gefassten Eid ab (Foto: dpa)
Zum ersten (und einzigen) Mal gedachte die kurz darauf aufgelöste Nationale Volksarmee (NVA) der DDR am 20. Juli 1990 der Wiederstandskämpfer um Oberst StauffenbergBild: picture alliance/dpa

Aus ähnlichen Gründen tat sich die DDR lange sehr schwer mit dem missglückten Hitler-Attentat, vor allem aber mit den nichtkommunistischen Nazi-Gegnern aus Adel und Offizierscorps. Zunächst existierten diese Widerstandkämpfer in der Geschichtsschreibung überhaupt nicht, dann wurden die Attentäter des 20. Juli als "reaktionäre Agenten des US-Imperialismus" verunglimpft.

Erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre gab es Versuche, Stauffenberg und seine Mitverschwörer als Nazi-Gegner und Widerstandskämpfer propagandistisch zu nutzen. Nach der friedlichen Revolution im Herbst 1989 ließ die einzige jemals frei gewählte DDR-Regierung auf dem Weg zur Wiedervereinigung am 20. Juli 1990 die letzten NVA-Soldaten vereidigen.

Geschichte als Identifikation

Gelöbnis (Vereidigung) von Rekruten (Foto: AP/dapd)
Gelöbnis (Vereidigung) von RekrutenBild: AP

Im wiedervereinigten Deutschland ist die Erinnerung an den 20. Juli 1944 fester Bestandteil des politischen und öffentlichen Lebens. Seit 1999 würdigen Politik und Bundeswehr den Widerstand an den Jahrestagen des Attentats.

Am 20. Juli eines jeden Jahres werden neue Soldaten der Bundeswehr vereidigt. In Berlin findet die Zeremonie vor dem Reichstag statt, früher auch in der Bendlerstraße am Sitz des Verteidigungsministeriums. Es ist ein historischer Ort: In der Bendlerstraße hatten die Attentäter des 20. Juli 1944 ihr Hauptquartier. Im Hof des Gebäudes wurden Graf Stauffenberg und seine engsten Mitverschwörder noch in der Nacht zum 21. Juli 1944 erschossen.

Das Attentat schlug fehl

Der Besprechungsraum im 'Führerhauptquartier Wolfsschanze' nach dem Bombenattentat (Foto: DHM)
Der Besprechungsraum in der "Wolfsschanze" nach dem BombenattentatBild: DHM

Am 20. Juli 1944 hatte Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg versucht, Adolf Hitler im "Führer-Hauptquartier Wolfsschanze" nahe Rastenburg in Ostpreußen mit einem Sprengstoffanschlag zu ermorden.

Da die gemeinsame Besprechung mit Hitler wegen eines geplanten Besuchs von Benito Mussolini unerwartet um eine halbe Stunde vorverlegt wurde, gelang es Stauffenberg nur noch, einen von zwei Sprengsätzen scharf zu machen. Hinzu kam, dass die Besprechung nicht wie üblich im Führerbunker, sondern in einer leichter gebauten Baracke stattfand. Dort konnte die Sprengladung aber nicht die erhoffte Wirkung entfalten. Stauffenberg stellte die Aktentasche mit dem Sprengsatz etwa zwei Meter entfernt neben einem massiven Tischblock ab und verließ unter einem Vorwand den Raum.

Die Sprengladung detonierte um 12:42 Uhr in der Lagerbaracke. Aber Hitler überlebte die Detonation und wurde nur leicht verletzt. In dem Glauben, Hitler sei tot, kehrte Stauffenberg nach Berlin zurück und leitete den geplanten Putschversuch ein. Als endgültig klar war, dass der Diktator das Attentat überlebt hatte, brach der Umsturzversuch zusammen. Noch in der Nacht zum 21. Juli 1944 wurden Stauffenberg und drei seiner Mitverschwörer im Hof ihres Dienstsitzes, dem Bendlerblock in Berlin, standrechtlich erschossen.

Hollywood-Film sorgt für Aufsehen

Tom Cruise als Graf Stauffenberg im Film 'Operation Walküre' (Foto: AP)
Tom Cruise als Graf StauffenbergBild: AP Photo/Studio Babelsberg AG, Frank Connor

Großes Aufsehen erregte zuletzt der Hollywood-Film "Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat" mit dem US-Schauspieler Tom Cruise. Der Film, der im Jahr 2008 in die Kinos kam, wurde zum Teil an historischen Originalschauplätzen, wie dem Bendlerblock in Berlin, gedreht. Die Rolle von Cruise als Graf Stauffenberg sorgte für Zündstoff, weil der Schauspieler bekennendes Mitglied der umstrittenen Scientology-Sekte ist.

Die Verfilmung bewirkte aber gerade in den USA, dass die Amerikaner mehr über den deutschen Widerstand erfuhren, der dort bis dato vielen unbekannt geblieben war. Ein deutsches Nachrichtenmagazin schrieb, dass erst jetzt der Höhepunkt in Stauffenbergs posthumer Karriere erreicht sei, die alles andere als selbstverständlich schien.

67 Jahre nach dem gescheiterten Hitler-Attentat gelten die Attentäter von damals endgültig als Vorbilder für die Gesellschaft. Ihre Mahnung bleibt weiter bestehen - gegen das Schweigen und für das Aufbegehren gegen terroristische Regime.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Hartmut Lüning/Ursula Kissel