"Alma" geht in Betrieb
13. März 2013Inmitten der Wüste, an einem der trockensten Orte der Welt, 5000 Meter über dem Meeresspiegel machen besonders die Temperaturunterschiede von bis zu 50 Grad und heftige Winde der Technik zu schaffen.
Alma ist dafür ausgelegt. Es ist das bisher größte und mit mehr als einer Milliarde Euro auch das teuerste bodengebundene Astronomie-Projekt. "Es ist vergleichbar mit dem Übergang vom nackten Auge zum ersten Fernrohr", schwärmt Wolfgang Wild, der europäische Projektmanager von Alma, über das Resultat. Allein die Alma-Antennen sind die Fortschrittlichsten, die je gebaut wurden. Sie können elektromagnetische Strahlungen mit Wellenlängen im Submillimeterbereich empfangen. Der größte Clou: Sie lassen sich zu einem Auge zusammenschalten, das bis zu 16 Kilometer groß ist.
"Das Zusammenschalten von mehreren Antennen bedeutet eine gewaltige Leistungssteigerung", sagt Wild. Mit den Bildern, die dadurch möglich sind, wollen Astronomen eines der größten Geheimnisse lüften: die Entstehung des Weltalls.
Der Anfang der Welt - wie alles begann
Die Natur hat eine große Vielfalt hervorgebracht. Entstanden in einem unvorstellbar langen kosmischen Entwicklungsprozess. Kaum zu glauben, dass diese Vielfalt aus Landschaften oder Lebensräumen auf nur rund hundert verschiedenen chemischen Elementen basiert. Leichte Elemente wie Kohlenstoff entstehen im Inneren von Sternen. Metalle wie Gold oder Titan bilden sich erst, wenn Sterne explodieren. Dabei schleudern sie ihre äußere Hülle ins All und verteilen die gerade entstandenen Elemente.
Aus diesen abgesprengten Hüllen bilden sich Wolken, die wiederum neue Sterne hervorbringen. So entsteht ein kosmischer Kreislauf von Werden und Vergehen. Doch wie hat er angefangen? Mit Alma wollen Astronomen die ersten Sterne ins Visier nehmen, die diesen kosmischen Entwicklungsprozess ausgelöst haben - vor mehr als 13 Milliarden Jahren.
Technik an der Grenze der Machbarkeit
Ein großer Teil der Hightech-Antennen kommt aus Deutschland. Präzision an der Grenze des Machbaren ist nötig, um sie zu bauen. Die zwölf Meter großen Teleskop-Spiegel dürfen sich auch bei extremen Temperaturen nicht verziehen. Zudem müssen alle Antennen gleiche Eigenschaften haben. Nur dann lassen sie sich zusammenschalten zu einem Auge, einem sogenannten Interferometer.
Peter Fasel, der bei der Firma Vertex für die Antennentechnik zuständig ist, sagt dazu: "Die Formabweichungen der Antennen untereinander müssen sehr genau sein. Sodass sie die verschiedenen Antennen auch wirklich zu einem Signal verarbeiten können. Das heißt: Wenn eine Antenne plötzlich wesentlich höher wäre als die anderen Antennen, würde das natürlich das ganze Interferometer kaputt machen."
Im Basislager haben die Techniker und Ingeniere die Teleskope zuvor zusammengebaut und sie ausgiebigen Test unterzogen. Sie wollten wissen: Haben ihre Schüsseln die richtige Form? Lassen sich die Antennen genau genug ausrichten? Erst als all das geprüft war, durften sie rauf aufs Hochplateau zu ihrem endgültigen Standort. Für den Transport wurden Spezialfahrzeuge entwickelt und in Deutschland gebaut. Sie können die mehr als 100 Tonnen schweren Antennen millimetergenau an ihrem vorgesehenen Ort absetzen.
Erfolgreiche Testphase im Mini-Format
Im Jahr 2011 gingen bereits 16 der Antennen in Betrieb. Schon deren Ergebnisse seien besser gewesen als alles bisher dagewesene, zieht Wolfgang Wild von dieser abgespeckten Testphase Bilanz. Die Alma-Teleskope entdeckten kleine, organische Zuckermoleküle. "Dieser Zucker ist ein Baustein für Leben", sagt Wild. "Dann kann man spekulieren: Ist Leben im Weltalt weit verbreitet?"
Astrophysiker auf der ganzen Welt haben darauf gewartet, dass die Forschungsmaschine endlich mit allen 66 Antennen in Betrieb genommen wird. Nun ist es so weit, Alma ist startklar. Welchen Beitrag zur Wissenschaft das Super-Teleskop liefern wird, ist zwar schon teilweise absehbar. Laut Wolfgang Wilde wird es sicherlich aber auch Überraschungen geben: "Das ist ein bisschen wie bei Galileo. Der hatte sicher auch nicht erwartet, Jupiter-Monde zu entdecken, und war dann überrascht."