50 Jahre "Sgt. Pepper's" von den Beatles
26. Mai 2017Wir befinden uns im Jahr 1967, die Beatles genießen weltweit göttergleichen Status. Spätestens mit dem Beatles-Film "A Hard Days Night" von 1964 hatten die Pilzköpfe den Planeten erobert. Sie seien "größer als Jesus", so Gitarrist John Lennon 1966 über die Band. Doch anstatt weiter den Weg des sicheren Erfolgs zu gehen, entschließt sich die Band mit dem Album "Sgt. Pepper's Lonely Heart Band" Neues zu wagen.
"Uns wurde immer gesagt: Ihr werdet mit diesem Album alle eure Fans verlieren", so Beatles-Bassist Paul McCartney vor ein paar Wochen im Interview mit dem US-Musikmagazin Mojo. Tatsächlich gehen die Liverpooler mit ihrem neunten Album neue Wege: Experimentelle Musik, surreale Texte und ein ungewöhnliches Plattencover. "Sgt. Pepper's" erscheint am 26. Mai 1967.
Innovative Papphülle
Es ist das erste bedeutende Album mit einem durchgängigen Konzept. Unter anderem gibt es eine Dramaturgie, die sich als roter Faden durch das Album zieht. Das ist neu. Und es ist das erste Album mit abgedruckten Liedtexten. Auch gestalterisch macht "Sgt. Pepper's" vieles anders: Das Cover zeigt die vier Bandmitglieder in bunten Verkleidungen, im Hintergrund Konterfeis bekannter Persönlichkeiten – unter ihnen auch umstrittene Prominente wie Chef-Antichrist Aleister Crowley. Die Bedeutung der Kostüme erklärte McCartney kürzlich im US-Magazin Rolling Stone: "Ich hatte die Idee zu sagen: Lasst uns Alter Egos erschaffen und uns verkleiden, einfach, weil wir die Beatles sind und genug davon haben."
3000 Pfund, statt den damals durchschnittlich 50, kostet das Cover-Bild der Pop-Künstler Peter Blake und Jann Haworth. Kein Grund für die Beatles, mit klarem Kopf zum Fototermin zu erscheinen: "Wenn du genau hinsiehst, wirst du sehen, dass zwei von uns high sind", so Lennon einst zum Rolling Stone. Die britische Zeitschrift Sunday Times listet die abstrakte Papphülle 1999 in ihrer Aufzählung der "Top Fifty Millenium Masterworks" auf Platz 15.
Marshmallow-Kuchen und Sitar-Klänge
Das Album "Sgt. Pepper's" verbindet die Beatles für immer mit berauschenden Substanzen: Songs wie "Lucy In The Sky With Diamonds" mit seinem surrealen Text um Marmeladen-Himmel und Marshmallow-Kuchen lösen öffentliche Panik aus: Jugendliche würden zum Drogenkonsum verführt, befürchten Kritiker. Die zahme Ballade "A Day In The Life" erhält vom britischen Sender BBC gar ein Abspielverbot - Grund ist der Verdacht, es werde hier der Alltag eines Heroinsüchtigen besungen. Ein Irrtum: Laut den Beatles thematisiert der Song den Sensationshunger der Medien.
Inspiriert von indischer Philosophie, Drogenkonsum und experimentellen Komponisten wie Karlheinz Stockhausen und John Cage wagen die Pop-Helden auf "Sgt. Pepper's" musikalische Experimente: "Within You Without You" verbindet indische Instrumente, hypnotischen Gesang und Orchesterklänge zu einer avantgardistischen Klangcollage - ein kommerzielles Wagnis, so McCartney: "Es war ein Risiko, dessen waren wir uns bewusst."
Blaupause der Musik-Revolution
Ob das Album den vielen ihm zugeschriebenen Superlativen gerecht wird, bleibt eine Frage des Standpunktes. Seine besonderes Renommee verdankt es heute seiner Andersartigkeit: Statt möglichst hitfähige Kassenschlager zu liefern, brechen die Beatles inmitten ihres kommerziellen Höhenflugs die Erwartungen von Fans und Kritikern mit einem anspruchsvollen Klangkunstwerk.
Lange Haare, bunte Kleider, Joints und: die Beatles - "Sgt. Pepper's" ist 1967 in nahezu jedem Park zu hören. 15 Wochen lang führt das Album die Charts des US-Magazins Billboard an, in den britischen Album-Charts liegt es 27 Wochen am Stück auf Platz eins. "Die Beatles waren das Sprachrohr der Generation, nicht die Anführer", so Paul McCartney zur Situation um 1967. Mit "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" verleiht die Band dem Lebensgefühl einer Jugendkultur Ausdruck, die dabei ist, die geltenden Werte in Frage zu stellen - eine historische Blaupause für kommende Musiker.