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Kampf gegen Todesurteil im Sudan

Günther Birkenstock4. Juni 2014

Eine schwangere sudanesische Christin wurde im Mai wegen Glaubensabtrünnigkeit zum Tode verurteilt. Es gab weltweit Proteste. Was steckt hinter der umstrittenen Entscheidung der sudanesischen Justiz?

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Fassade des Gerichts in Khartoum, das Miriam Ishag zum Tode verurteilte C: picture alliance
Bild: picture-alliance/dpa

Seit Ihrer Festnahme im Februar sitzt Mariam Jahia Ibrahim Ishag im Gefängnis. Sie teilt die Zelle mit ihrem zweijährigen Sohn. Im Mai, als sie hochschwanger war, hatte das Al-Hadsch-Jusif-Kriminalgericht in Kharthoum sie wegen "Glaubensabtrünnigkeit" zum Tode verurteilt. Vor wenigen Tagen brachte sie nun im Gefängnis ihr zweites Kind zur Welt. Ihr Vergehen: Sie hatte einen Christen geheiratet. Im Sudan gilt das als Abfall vom muslimischen Glauben.

Mariam Ishag wuchs bei der Mutter als orthodoxe Christin auf. Wegen ihres muslimischen Vaters wird sie von den sudanesischen Behörden als Muslimin betrachtet. Im Mai verurteilten Richter sie zunächst zu 100 Peitschenhieben wegen der Heirat mit einem christlichen Mann. Als bekannt wurde, dass sie einen muslimischen Vater hatte, verhängte das Gericht darüber hinaus die Todesstrafe. Dem Urteil könne sie nur entkommen, so die Richter, wenn sie ihrem Glauben abschwöre und zum Islam zurückkehre. Ishag weigerte sich.

Meriam Yahia Ibrahim Ishag im Gefängnis C: Getty Images
Mariam Ishag im Gefängnis in KhartoumBild: AFP/Getty Images

Nach islamischem Recht darf Ishag ihr Baby nun zwei Jahre lang aufziehen, bevor die Strafe vollzogen wird. Ihr 20 Monate alter Sohn lebt mit Ishag im Gefängnis, weil der zuständige Richter ihrem Mann Wani - wegen seines christlichen Glaubens - das Sorgerecht absprach.

Menschenrechtsorganisationen, Kirchenvertreter und Regierungen auf der ganzen Welt protestierten gegen das Urteil. Seit Bekanntwerden des Falles wurden Botschafter westlicher Staaten bei der Regierung in Khartoum vorstellig und verlangten die Freilassung von Mariam Ishag. Die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International, die die internationale Protestwelle mit dramatischen Berichten losgetreten hatte, sprach von einem "abscheulichen Urteil" und einem "Akt unerhörter Diskriminierung von Frauen".

Auch in Deutschland schlugen die Wellen hoch

Hierzulande forderte Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer, das Todesurteil aufzuheben. In einem Schreiben an den Parlamentspräsidenten des Sudan, El Fateh Izzeddin, mahnte Singhammer die Einhaltung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit an. Auch der Sudan habe sich dazu bekannt, erinnerte Singhammer. Auf diese Verpflichtung hatte zuvor bereits der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Christoph Strässer verwiesen, ebenso die katholische Deutsche Bischofskonferenz.

Der Sudan will keine schlechte PR

Ulrich Delius, Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, beklagt eine unklare Informationspolitik der sudanesischen Behörden, die jedoch nicht ungewöhnlich sei. An eine Wende in dem Fall könne man erst glauben, wenn Mariam Ishag aus dem Gefängnis komme. Der Sudan habe ein Interesse, so Delius im Gespräch mit der Deutschen Welle, mit diffusen Ankündigungen positive Stimmung zu verbreiten - vermutlich, weil der sudanesische Außenminister Ali Kharti sich zu Gesprächen in Europa aufhalte. So verlautete in den letzten Tagen aus verschiedenen Quellen, die Freilassung Mariam Ishags stehe unmittelbar bevor.

Ulrich Delius Gesellschaft für bedrohte Völker C: Ulrich Delius
Delius: Im Sudan gibt es keine unabhängige JustizBild: Privat

Delius glaubt nicht, dass das Todesurteil gegen Mariam Ishag vollstreckt wird. Der Sudan könne sich schlechte PR nicht leisten, ist der Afrika-Experte überzeugt. Der Umgang der sudanesischen Justiz mit Mariam Ishag sei kein Einzelfall: "Es gibt keine Unabhängigkeit der Justiz", betont Delius. Der Sudan sei die "Karikatur eines Rechtsstaats".

Die Willkür der Justiz trifft alle

Seit dem Militärputsch von Omar Hassan al-Baschir vor 25 Jahren habe eine fortschreitende Islamisierung der Justiz stattgefunden. Christen werden nach Delius' Einschätzung im Sudan zwar besonders verfolgt. Doch auch progressive Muslime hätten einen schweren Stand. "Sie werden bedrängt, wenn zum Beispiel die Religionspolizei versucht, die Bekleidungsvorschriften durchzusetzen. Junge Frauen, die auf der Straße Kontakt mit Männern aufnehmen, werden inhaftiert und es wird ihnen der Prozess gemacht."

Das Schicksal der 27-jährigen Mariam Ishag bleibt vorläufig ungewiss. Das sudanesische Außenministerium nahm am Sonntag (01.06.2014) eine Äußerung zurück, Ishag solle aus der Haft freikommen.