Traumfabrik Babelsberg
Die Studios vor den Toren Berlins gehören zu den bekanntesten Filmschmieden der Welt. Jetzt wurde sie von einem US-amerikanischen Konzern gekauft.
Die Geburtsstunde des Filmstudios Babelsberg
Die Amerikaner hatten schon ihr Hollywood, als deutsche Filmleute noch in Ateliers im Zentrum von Berlin drehten. Dabei lösten sie häufig Feueralarm aus, weil die Pappmaschee-Dekoration unter den heißen Scheinwerfern schnell in Flammen aufging. Schließlich bat die Feuerwehr darum, die Innenstadt zu verlassen. Im Potsdamer Stadtteil Babelsberg fand Filmpionier Guido Seeber ein geeignetes Gelände.
"Totentanz"-Premiere
In nur drei Monaten entstand dort im Winter 1911/12 im Auftrag der Firma Bioscop ein Filmatelier mit 300 Quadratmetern Grundfläche, das sogenannte "Kleine Glashaus". Kaum fertiggestellt ging es auch schon los mit der ersten Produktion - "Totentanz", ein Stummfilm mit dem dänischen Star Asta Nielsen. Ein Jahr später wurden auf dem Gelände ein zweites Atelier und ein Kopierwerk gebaut.
Pioniere der Technik
1922 stieg die UFA in die Produktion ein und testete neue Techniken. Bei Dreharbeiten zu Friedrich Wilhelm Murnaus "Der letzte Mann" (mit Emil Jannings) wurde 1924 erstmals mit einer beweglichen Kamera gearbeitet. Selbst Hollywood schickte seine Leute zur Weiterbildung nach Babelsberg. Hitchcock schwärmte später: "Alles, was ich über das Filmemachen wissen musste, habe ich in Babelsberg gelernt."
Meisterwerk "Metropolis"
Zwei Jahre lang arbeite Fritz Lang in Babelsberg an seinem Science-Fiction-Opus "Metropolis" (1927), einem Meisterstück des Stummfilms. Mit Produktionskosten in Höhe von fünf Millionen Reichsmark war der Film der teuerste seiner Zeit. Seine Bildsprache wurde zum Vorbild für viele weitere Generationen.
Ein Weltstar wird geboren
Viele Stars begannen ihre Karriere in Babelsberg, aber Deutschlands wahrscheinlich erfolgreichster Filmexport war Marlene Dietrich. Die 29-jährige Schauspielerin hatte 1930 ihren Durchbruch mit Joseph Sternbergs Klassiker "Der blaue Engel", der zweisprachig in Deutsch und Englisch gedreht wurde. Er war Deutschlands erste große Tonfilmproduktion im brandneuen Atelier "Tonkreuz".
Propagandamaschine Babelsberg
Nach der Machtergreifung der Nazis gingen die Produktionen in Babelsberg unter staatlicher Kontrolle weiter. Zwischen 1933 und 1945 entstanden hier unter Regie des Propagandaministers Joseph Goebbels rund tausend Filme. So etwa Veit Harlans antisemitisches Werk "Jud Süss" oder Leni Riefenstahls Dokumentation "Triumph des Willens" über den NSDAP-Reichsparteitag 1934.
Dreharbeiten in den Trümmern
Die Dreharbeiten zum ersten deutschen Nachkriegsfilm begannen 1946 mit Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns". Der Film, mit dem Hildegard Knefs Karriere begann, fragt nach individueller Schuld und Verantwortung während der nationalsozialistischen Herrschaft. Gedreht wurde mitten im zerstörten Berlin. Im Ausland hielt man die Trümmerlandschaft später für eine besonders gut gebaute Kulisse.
"Nackt unter Wölfen"
Ende 1947 gab die sowjetische Besatzungsmacht die Babelsberg Studios wieder zur Filmproduktion frei. In der DDR drehte die Deutsche Film-AG, kurz "DEFA", über 700 Spielfilme und viele Fernsehproduktionen. Neben linientreuen Werken enstanden auch jenseits des Eisernen Vorhangs gefeierte Filme wie Frank Beyers "Nackt unter Wölfen" (1963). Rechts im Bild: der junge Armin Müller-Stahl als KZ-Insasse.
Nicht alles sonnig in der "Sonnenallee"
Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 wurde die DEFA von der Treuhandgesellschaft gekauft, die für die Privatisierung der Volkseigenen Betriebe der DDR zuständig war. Diese wiederum verkaufte das Studio an die französische Vivendi Universal, die rund 500 Millionen Euro in die Erneuerung des Studios steckte. Diese typische Berliner Straße wurde 1999 für die Tragikomödie "Sonnenallee" gebaut.
Dreharbeiten mit Polanski
2004 erwarben die Filmproduzenten Carl Woebcken und Christoph Fisser das Unternehmen. Mit 25.000 Quadratmeter Fläche und 16 Studios ist das Studio Babelsberg einer der größten zusammenhängenden europäischen Filmstudiokomplexe. 2002 drehte Roman Polanski hier "Der Pianist" mit Adrien Brody in der Hauptrolle.
Hollywood aus Babelsberg
Viele US-amerikanische Filme entstehen mittlerweile in Babelsberg. Die internationalen Produktionen bringen einen Hauch von Hollywood-Glamour nach Potsdam. Die britische Schauspielerin Kate Winslet drehte hier 2007 den Film "Der Vorleser". Darin geht es um einen Schüler, der eine Affäre mit einer zwanzig Jahre älteren Frau eingeht. Jahre später erfährt er, dass sie einst Aufseherin im KZ war.
Staraufgebot bei "Inglourious Basterds"
Auch Quentin Tarantino, der Kopf hinter den Kultfilmen "Pulp Fiction" und "Kill Bill", drehte 2009 in Babelsberg. "Inglourious Basterds" handelt von dem Versuch, die Nazi-Führung im Zweiten Weltkrieg zu ermorden. Neben Brad Pitt (im Bild) und anderen Weltstars waren auch deutschsprachige Schauspieler wie Til Schweiger und Daniel Brühl mit von der Partie.
Tödliche Spiele: "Tribute von Panem"
Mehr als 2000 Komparsen und gigantische Kulissen an Drehorten in Potsdam und Berlin wurden für die Dreharbeiten zum dritten und vierten Teil der weltweit erfolgreichen "Tribute von Panem"-Reihe benötigt. Im Bild: Jennifer Lawrence als Katniss. Zwar sind die Berliner an den Anblick von Film-Teams in der Stadt gewohnt; einen Blick auf die Stars erhaschen sie aber trotzdem gern.
Ein neues Kapitel
Anfang 2022 hat der US-amerikanische Konzern "TPG Real Estate Partners" (TREP) die Studios vor den Toren Berlins übernommen. Zu TREP gehören zudem die Cinespace-Studios in Chicago und in Toronto sowie weitere 90 Tonstudios weltweit. Trotz der Übernahme wird man in Babelsberg weiterhin unabhängig produzieren.