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IT-Expertinnen unter sich

Bianca Schröder30. Januar 2014

In den technisch-mathematischen Fächern fehlt der weibliche Nachwuchs. Deshalb setzen einige Hochschulen auf reine Frauenstudiengänge. Bei Studentinnen und Unternehmen kommt das gut an.

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Zwei Studentinnen im Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (Foto: HTW Berlin/Alexander Rentsch)
Bild: HTW Berlin/Alexander Rentsch

Eigentlich wollte Genia Gerasimowa Erziehungswissenschaften studieren. Eine beliebte Wahl bei Frauen - genau wie Gerasimowas vorherige Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Doch dann stieß die gebürtige Russin im Internet auf den Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Das Angebot reizte sie sofort.

"Ich kenne mich mit Computern ganz gut aus und wollte mein Wissen gern erweitern", erzählt sie. "Und dann noch unter Frauen studieren - da wusste ich gleich, dass ich mich dort wohlfühlen würde." Mittlerweile hat die 27-Jährige das dritte Semester erfolgreich absolviert.

Fragen ist erwünscht

Neben dem Angebot der HTW gibt es vier weitere Frauenstudiengänge in Deutschland: Wirtschaftsingenieurwesen an den Hochschulen in Wilhelmshaven und Stralsund, Informatik an der Hochschule Bremen und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Furtwangen. Die Studiengänge sollen dazu beitragen, dass die sogenannten MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik mehr weiblichen Nachwuchs auf den deutschen Arbeitsmarkt bringen. In den vergangenen Jahren lag der Anteil der Absolventinnen in diesen Fächern bei rund 30 Prozent. Gemessen an den anderen Industrieländern ist das laut OECD eine durchschnittliche Quote.

Studentinnen im Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (Foto: HTW Berlin/Alexander Rentsch)
Frauen unter sich: Die HTW Berlin will technisch begabten Studentinnen ihre Ängste nehmenBild: HTW Berlin/Alexander Rentsch

Von ihren Studentinnen hätte sich wohl etwa die Hälfte nicht getraut, Informatik in einem gemischten Studiengang zu studieren, schätzt die Leiterin des Berliner Frauenstudiengangs, Juliane Siegeris. "Viele haben das Gefühl, dass ihre Mitschüler, die Informatik studieren wollen, schon seit Jahren in ihrer Freizeit vor dem Rechner sitzen und deshalb bessere Voraussetzungen mitbringen." Um technisch begabten Frauen ihre Ängste zu nehmen, habe die Hochschule ein besonderes Konzept entwickelt. "Wir fangen bei Null an, zumindest was die Informatik angeht, und wir sagen: Fragen ist erwünscht! Denn Informatiker benutzen häufig schwer verständliche Abkürzungen."

Fatima El-Hassan (links) und Genia Gerasimowa, Studentinnen im Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (Foto: DW/Bianca Schröder)
Technikbegeistert: Fatima El-Hassan (links) und Genia Gerasimowa haben die richtige Wahl getroffenBild: Bianca Schröder

Viele Studentinnen haben Kinder

Ein weiterer Aspekt ist ein familienfreundliches Klima: Lehrveranstaltungen finden in der Regel zwischen 9:30 und 15:30 Uhr statt, und es gibt sogar einen mit Spielzeug und Schlafgelegenheiten ausgestatteten Raum für die Kinder von Studierenden. Der Anteil der Studentinnen mit Kind ist im Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft überdurchschnittlich hoch, in diesem Wintersemester etwa waren unter 40 Studienanfängerinnen sieben Mütter.

Für Fatima El-Hassan war die Vereinbarkeit von Kind und Studium ausschlaggebend bei ihrer Studienwahl. Die 22-jährige Studentin mit arabischen Wurzeln entschied sich deshalb gegen den Vorschlag ihrer Familie, Medizin zu studieren. Nach dem Abitur sei sie zunächst ein Jahr in Elternzeit gewesen, weil sie einen Sohn bekommen habe, sagt sie. "Da kam eine Freundin auf mich zu und erzählte, dass sie im Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft eingeschrieben ist, und dass das doch auch etwas für mich ist." Zwar sei sie schon vorher technisch interessiert gewesen, so Fatima El-Hassan, doch erst die Begeisterung ihrer Freundin habe ein Informatikstudium in ihr Blickfeld gerückt.

Die Berührungsängste sinken

Leicht sind an der HTW weder die Zulassung noch das Studium selbst. Zuletzt gab es auf 40 Plätze rund 100 Bewerbungen, und der Lehrplan unterscheidet sich nicht von dem gemischter Studiengänge. Die Frauen merkten daher im Gespräch mit männlichen Kommilitonen und bei Praktika schnell, dass sie sich mit ihren Kenntnissen nicht zu verstecken brauchen, erzählt die Professorin Juliane Siegeris. "Nach einem Jahr würden sie sich auch trauen, in einem gemischten Studiengang zu studieren, es geht eher um die Anlaufhürde."

Juliane Siegeris, Professorin im Frauenstudiengang Informatik und Wirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (Foto: DW/Bianca Schröder)
Immer offen für Fragen: Professorin Juliane SiegerisBild: Bianca Schröder

Generell sinken die Berührungsängste der Frauen jedoch, ihr Anteil in den MINT-Fächern wächst allmählich. In Mathematik, Informatik und den Naturwissenschaften lag der Anteil der Absolventinnen 2011 bei rund 40 Prozent, in den Ingenieurwissenschaften bei 22 Prozent. Das liegt auch an den guten Berufsaussichten. Unternehmen zeigten großes Interesse, ihren Frauenanteil zu erhöhen, sagt Siegeris.

Dass sie später, ob beim Master-Studium oder im Berufsleben, wohl wieder mehr Männern als Frauen begegnen werden, stört die Studentinnen Fatima El-Hassan und Genia Gerasimowa nicht. Sie habe mittlerweile ein gesundes Selbstbewusstsein aufgebaut, betont Gerasimowa. "Ich weiß ja, was ich hier gelernt habe, und das kann ich dann auch umsetzen."