Studienfach: Improvisieren im Ausland
29. Mai 2012"Sport ist eine tolle Möglichkeit, Distanz zu anderen Kulturen abzubauen", ist Christine Bappert sicher. "Deshalb würde ich gerne als Sportentwicklungshelferin im Ausland arbeiten." Aus diesem Grund feilt die junge Sportwissenschaftlerin nun in einer Kleingruppe an einem Konzept für ein dreiwöchiges Fußball-Förderprojekt in Afrika. Die Diskussion ist eine praktische Übung im neuen Aufbaustudiengang "Sport-Auslandsexperte" an der Deutschen Sporthochschule in Köln. In einem intensiven Lehrgang und zwei Praktikumsblöcken sollen die bereits erfahrenen Trainer und Sportwissenschaftler fit gemacht werden für Aufgaben im Ausland.
Nachwuchs-Experten sind gefragt
"Wir brauchen dringend qualifizierte Auslandsexperten", beschreibt Johannes Curtius vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) die Situation. Deshalb hat sein Verband gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und der Sporthochschule die Spezialausbildung ins Leben gerufen. "Wichtig ist dabei nicht nur die sportliche Qualifikation, wir wollen auch den entwicklungspolitischen Hintergrund stärken", betont Curtius. "Außerdem wollen wir mit dem Studiengang natürlich auch junge Leute für dieses sehr spezielle, aber auch sehr spannende Berufsfeld gewinnen." Die Anforderungen für die Experten in den einzelnen Projekten können höchst unterschiedlich sein. "Sie reichen von der Basisarbeit mit Kindern, über die Hilfe beim Aufbau von Verbandsstrukturen bis hin zur Unterstützung der Trainingsarbeit im Leistungssport", so Curtius.
Kreativität und Improvisation helfen weiter
Schon seit fünfzig Jahren engagieren sich der DOSB und das Auswärtige Amt für solche Projekte in Entwicklungsländern. Der Ablauf der internationalen Sportförderung ist immer ähnlich: beispielsweise will der Leichathletikverband von Guatemala die Sportart in den Schulen des Landes fördern. Dafür müssen Lehrer ausgebildet werden, außerdem gilt es mit den vor Ort vorhandenen Mitteln sinnvolle Unterrichtseinheiten zu gestalten. Bekommt die Anfrage aus Mittelamerika den Zuschlag, wird ein Sportentwicklungshelfer mit Mitteln des Auswärtigen Amtes und des DOSB für bis zu zwei Jahre lang nach Guatemala geschickt. "Dabei ist immer sehr viel Kreativität gefragt", beschreibt Ralph Mouchbahani seine Erfahrungen. Er ist seit Jahrzehnten als Sportexperte im Ausland unterwegs und gehört zu den Initiatoren der neuen Ausbildung. "Mit einem festen Plan im Kopf kommt man meist nicht weiter", so Mouchbahani.
Interkulturelle Kompetenz auf dem Lehrplan
Wie wichtig dieses Improvisations- und Verhandlungsgeschick ist, weiß Christine Bappert schon. Nach ihrem Studienabschluss hat sie für ein Jahr als Freiwillige in einem Entwicklungsprojekt in Bangladesch gearbeitet. Dabei hat sie so viele positive Erfahrungen gemacht, dass sie auch beruflich in dieser Richtung durchstarten möchte. Mit dem Aufbaustudium scheint sie auf dem richtigen Weg zu sein: "Es macht Spaß. Die Mischung zwischen Theorie und Praxis stimmt", so lautet ihr Fazit nach den ersten Tagen des Eröffnungslehrgangs. Im Anschluss wird sie sechs Wochen bei einem Sportverband in Deutschland hospitieren, danach noch einmal genauso lange bei einem konkreten Entwicklungsprojekt im Ausland.