Miete in Großstädten kaum noch zu bezahlen
13. September 2017Vier von zehn Haushalten in deutschen Großstädten müssen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das entspricht etwa 5,6 Millionen Haushalten, wie aus einer in Düsseldorf vorgestellten Untersuchung von 77 deutschen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern hervorgeht. Gut eine Million Haushalte gibt sogar mehr als die Hälfte des Einkommens für die Miete aus. Fast ebenso viele haben nach Abzug der Mietkosten nur noch Geld in Höhe des Hartz-IV-Regelsatzes (409,- Euro) oder noch weniger zum Leben übrig.
Die hohen Belastungen für viele Mieter in Deutschland sind laut der Studie allerdings nicht auf teure Großstädte beschränkt. In Relation zum Einkommen zahlen Mieter im wirtschaftsschwachen Bremerhaven beispielsweise anteilig sogar mehr für das Wohnen (29 Prozent) als in Hamburg (28,6 Prozent).
Kleine Wohnungen fehlen
Bei Sozialwissenschaftlern und Immobilienexperten gilt eine Mietbelastungsquote von mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens als problematisch. Gemessen an dieser Grenze zahlen zu viele Menschen in Deutschland zu hohe Mieten, wie die Untersuchung hervorhebt, die von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde. Die Wissenschaftler haben für ihr Projekt Daten des Mikrozensus 2014 ausgewertet; inzwischen sind die Mieten jedoch weiter gestiegen.
Angesichts des Trends zu wachsenden Bevölkerungszahlen könne von einem zunehmend "angespannten Wohnungsmarkt" ausgegangen werden, so die Forscher. Sie weisen darauf hin, dass ein großer Mangel insbesondere an kleineren Wohnungen bestehe.
In ostdeutschen Städten ist die Miete oftmals noch niedriger
Zu den bundesweiten Spitzenreitern bei der Mietbelastung zählen etwa Bonn (30,3 Prozent), Neuss (30,1 Prozent) sowie Köln (29,3 Prozent) und Düsseldorf (29,2 Prozent). Unter den zehn Städten mit der höchsten Quote finden sich jedoch neben vergleichsweise wohlhabenden Metropolen und mittelgroßen Städten aber auch eher wirtschaftlich schwache Standorte wie eben Bremerhaven oder Offenbach (28,7 Prozent). Vergleichsweise weniger ihres Einkommens aufwenden müssen Verbraucher in Wolfsburg (21,9, Prozent), Heidelberg (21,4 Prozent) sowie in den ostdeutschen Städten Leipzig, Dresden und Jena (jeweils knapp 23 Prozent) sowie Chemnitz (20,9 Prozent). Im Durchschnitt liegt die Belastung für das Wohnen bundesweit bei 26,8 Prozent eines Haushaltsnettoeinkommens.
Der Hauptautor der Studie, der Soziologe Henrik Lebuhn von der Berliner Humboldt-Universität, macht deutlich, die Wohnbedingungen seien damit nicht nur ein "Spiegel bestehender Ungleichheit", sondern trügen auch selbst durch die hohe Mietkostenbelastung zu einer wachsenden Ungleichheit bei. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt fordert vor diesem Hintergrund eine "echte Mietpreisbremse, weniger Mieterhöhungsmöglichkeiten und einen gemeinnützigen Wohnungsmarkt". Bezahlbare Mieten seien die Voraussetzung, um überhaupt etwas für die eigene Wohnung ansparen zu können, fügte sie hinzu.
se/uh (epd, dpa, afp)