Studie: Deutsche Startups sind zuversichtlich
16. Oktober 2017Brigitte Zypries (SPD) greift entspannt zum Mikrofon. Die kommissarische Bundeswirtschaftsministerin muss nichts mehr versprechen, als sie ihr Grußwort bei der Veröffentlichung desDeutschen Startup Monitors 2017 (DSM) spricht. Das ist eine recht zuversichtliche Studie zur Situation für junge innovative Unternehmen im Land. Zypries gibt der Bericht die Gelegenheit, darzustellen, was in den vergangenen vier Jahren angestoßen worden sei. "Es läuft gar nicht so schlecht, was wir da gemacht haben", sagt sie und zählt auf: "Wir haben über zwei Milliarden Euro frisches Geld zur Verfügung gestellt, die Bürokratie abgebaut und ein Frauenfrühstück für Gründerinnen organisiert." Die Gastgeber vom Bundesverband Deutsche Startups klatschen freundlich, aber nicht gerade überschwänglich: es sind doch einige Wünsche offen geblieben.
Für die Studie wurden Gründer und Gründerinnen in 1837 Unternehmen befragt, die die Kriterien für Startups erfüllen: Als solche werden in dem Papier "originäre Unternehmensgründungen" betrachtet, die "in einem jungen, innovativen, wachstumsorientierten Umfeld" agieren. Ein Unternehmenstypus, der sich laut Tobias Kollmann, Professor für E-Business an der Universität Duisburg-Essen und Leiter der Untersuchung, ziemlich positiv entwickele. "Wir haben eine signifikante Gründerszene, die spürbar zum Wohlstand in Deutschland beiträgt", freut sich der Wissenschaftler. Neun von zehn Gründern haben positive Erwartungen an die künftige Geschäftsentwicklung. Dass es voran geht, zeige sich auch daran, dass in den Startups fast durchweg über Neueinstellungen nachgedacht werde - durchschnittlich 7,5 neue Mitarbeiter werden pro Unternehmen eingeplant. Aber damit ist man schon wieder bei einem Problem, das in Deutschland nicht nur, aber besonders Startups haben.
Zuwanderung für Startups besonders wichtig
In den Startups arbeiten überdurchschnittlich viele Mitarbeiter aus dem Ausland. Durchschnittlich 28,6 Prozent der Belegschaften machen sie aus. Aber es könnten mehr sein. Fast 60 Prozent der Befragten finden, dass es zu viele bürokratische Hürden im Vorfeld gibt und die Hälfte meint, dass die Behördengänge nach der Einstellung - sei es wegen der Sozialversicherung oder dem Einwohnermeldeamt - viel zu kompliziert seien.
Ebenso viele glauben, dass es Sprachprobleme sind, die dafür sorgen, dass sie keine Fachkräfte aus dem Ausland anwerben können. Für diesen Punkt lassen sich in der deutschen Gründerszene deutliche Hinweise finden: Am stärksten ist der Anteil von zugewanderten Arbeitskräften in Berlin. Fast jeder zweite kommt hier aus dem EU-Ausland. Florian Nöll, Vorsitzender des Verbands Deutscher Startups, nennt einen Grund dafür: "Sie können in Berlin in bestimmten Straßen leben, ohne ein Wort deutsch zu reden. Nöll wünscht sich ein Zuwanderungsgesetz und eine Willkommenskultur, die den Fachkräften den Einstieg in das neue Leben erleichtert. Ein Zehntel der Gründer, der im DSM erfassten Unternehmen, ist selbst Ausländer.
Gründen fern der Hauptstadt
Internationalität und Offenheit: Berlin gilt als das attraktivste Umfeld für Gründer: 16,8 Prozent der Startups sind in der Hauptstadt zu finden. Aber nicht nur dort. Bald darauf folgt die Metropolregion Rhein-Ruhr (11,3 Prozent). Insgesamt knapp über die Hälfte der befragten Unternehmen ballt sich in insgesamt sechs Zentren, zu denen noch - mit einem Anteil von jeweils rund sechs Prozent - München, Stuttgart, Hannover und Hamburg zählen. "Deutschland ist da ganz anders aufgestellt als beispielsweise die USA", beobachtet der E-Business-Experte Tobias Kollmann. Es gebe "nicht nur ein Silicon Valley", sondern es zeige sich, dass rund um die im ganzen Land verteilten Hochschulen eine aktive Gründerszene entstanden sei.
Die meisten Gründer (86 Prozent) bleiben dann auch dort, wo sie ihr Unternehmen gestartet haben. Von den 14 Prozent, die ihren Sitz verlegen, bleiben wiederum drei Viertel im selben Bundesland. Das könnte mit der regional breit aufgestellten mittelständischen Unternehmenskultur in Deutschland zu tun haben. "Wir sehen, dass die Hälfte der befragten Startups mit etablierten Unternehmen kooperiert und die sitzen nun mal verteilt im ganzen Land", beschreibt Kollmann. Auch bei der Finanzierung gibt es starke Impulse für eine regionale Verwurzelung: Neben eigenen Ersparnissen und staatlichen Förderungen sind die Investitionen von privaten Anlegern besonders wichtig für die deutschen Gründer. Das sei ein Potenzial, dass durch steuerliche Anreize endlich stärker stimuliert werden müsse, meint Studienleiter Kollmann. "Diese Privatinvestoren haben es aber auch gerne, wenn die Unternehmen, die sie fördern in ihrer Nähe bleiben."