Streit um Milliarden-Hilfe bei Aids-Konferenz
2. August 2004Während der sechstägigen 15. Welt-Aids-Konferenz in Bangkok machten nicht wenige Organisationen und Institutionen die Zusage, die Mittel für den Globalen Fonds zum Kampf gegen Aids aufzustocken. Allein die EU-Kommission hat weitere 42 Millionen Euro zugesagt. Nach wie vor ist allerdings nicht absehbar, ob der Fonds die für das Jahr 2005 veranschlagten 3,5 Milliarden Dollar zusammenbekommen wird. Der Globale Fonds ist unabhängig. Jedes bedürftige Land kann Hilfe beantragen. Keiner der Spender hat Einfluss auf die Vergabe.
Schwerpunkt: Therapie
Schätzungen zufolge kostet der Kampf gegen HIV von 2005 an jährlich 12 Milliarden Dollar. Peter Piot, der Direktor des Aidsprogramms der Vereinten Nationen (UNAIDS), machte deutlich, dass der Zugang zur Medikamenten mit Konsequenzen für die Zukunft im Kampf gegen Aids verbunden ist. Eine wachsende Zahl von Menschen werde in den Genuss von lebensverlängernden Therapien kommen. "Während wir jetzt dem Therapie-Notstand gegenüber stehen, müssen wir bereits die Nachhaltigkeit der Therapie in der Zukunft planen." Wer einmal mit der Behandlung von Millionen Menschen beginne, müsse sie ein
Leben lang versorgen.
Die Weltgesundheitsorganisation hat das Ziel ausgerufen, bis Ende 2005 insgesamt 3 Millionen Aids-Patienten in den Entwicklungsländern mit lebensverlängernden anti-retroviralen Medikamenten zu versorgen. Das wäre die Hälfte aller betroffenen HIV-Positiven, gegenüber sieben Prozent, die derzeit überhaupt Zugang zu einer Behandlung haben.
Einen Ausblick in die Zukunft wagte die neue Präsidentin der Internationalen Aids-Gesellschaft, Helene Gayle. Sie appellierte an die 20.000 Delegierten, bis zur nächsten Aids-Konferenz in zwei Jahren in Toronto an der Umsetzung der hier diskutierten Ansätze zu arbeiten: "Ich hoffe, wir haben jetzt die oft trennenden Diskussionen hinter uns, über Abstinenz, Monogamy oder Kondome. Wir brauchen weitere Ansätze. Wir müssen hochwertige Generika und patentgeschützte Medikamente zu den niedrigst möglichen Kosten für alle zugängig machen." Multilaterale und bilaterale Spenden müssten sich ergänzen, Aids und Armut gemeinsam bekämpft werden.
Kritik an den USA und Deutschland
Einer der Streitpunkte auf der Konferenz war der Aids-Plan der US-Regierung: Ein Drittel der Finanzmittel wird darin an Präventionsprogramme gebunden, die allein sexuelle Abstinenz fördern. Außerdem verhindere die USA die Produktion von billigen Generika, in dem sie die Enwicklungsländer im Gegenzug mit Freihandelsabkommen locke.
Kritik wurde in Bangkok auch an Deutschland geübt: Die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wiezcorek-Zeul, war - anders als angekündigt – nicht nach Bangkok gereist. Der deutsche Delegationsleiter Hans-Peter Schipulle vom Bundesentwicklungsministerium kündigte an, Deutschland halte an seinem Ziel fest, bis Ende 2007 dem Globalen Aids-Fonds 300 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Diese Summe ist vergleichsweise niedrig. Von den G8 Staaten zahlt nur noch Kanada weniger als Deutschland. Weitere Gelder gehen in bilaterale Projekte, über die die deutsche Entwicklungszusammenarbeit vorrangig das Ziel verfolgt, die Gesundheitssysteme der Empfängerländer zu verbessern. Nur im Rahmen von stabilen Strukturen sei die nachhaltige Versorgung von Aids-Patienten mit Medikamenten sinnvoll, so Schipulle.
"Was fehlt, ist der Wille"
Eine der prominentesten Stimmen im Kampf gegen Aids ist ohne Zweifel der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela. Auch wenn er erst vor kurzem angekündigt hatte, sich aus der Politik und dem öffentlichen Leben weitestgehend zurückziehen zu wollen, war er nach Thailand gekommen. Er wurde von den Delegierten wie ein Star gefeiert.
Noch nie in der Geschichte der Menschheit habe es eine größere Bedrohung als die HIV/Aids-Epidemie gegeben, so Mandela, der sich mit einem Wunsch von den Delegierten verabschiedete: "Am 18. Juli, werde ich 86 Jahre alt. Ich kann mir kein besseres Geburtstagsgeschenk vorstellen als die Gewissheit, dass alle Verantwortlichen aus allen Bereichen der Gesellschaft ihre Engagement im Kampf gegen Aids erneuern – es ist dringend und ernst. Wir wissen, was zu tun ist – was fehlt, ist der Wille. Lasst mich meinen Ruhestand genießen, in dem ihr mir beweist, dass ihr an der Aufgabe wachsen könnt."