Die Straßen der Lüfte
12. Januar 2013Als wenn der geplante und immer noch nicht eröffnete Berliner Hauptstadtflughafen nicht schon genug Probleme hätte, kommt es jetzt noch schlimmer: Die Flugrouten des neuen Flughafens verstoßen angeblich gegen EU-Richtlinien. Nach einem Bericht der EU-Kommission soll die Umweltverträglichkeit der Routen nicht geprüft worden sein. Die Flugrouten würden über Natur- und Vogelschutzgebiete verlaufen. Dass es in Berlin Ärger wegen der Flugrouten gibt, ist nichts Neues. Das Großprojekt wird seit Baubeginn von Diskussionen über die Routen begleitet. Ähnliches passierte am Flughafen München, in Frankfurt oder bei den über deutschem Gebiet liegenden Einflugschneisen des Flughafens Zürich.
Für Anwohner ist der Streit über die Flugrouten ein Dauerproblem. Ganze Dörfer oder Siedlungen zogen schon wegen der jeweiligen Flugrouten vor Gericht, weil Flugzeuge direkt über die Häuser flogen. Andauernder Fluglärm sei eine seelische und körperliche Belastung, außerdem verlören auch die Grundstücke und Immobilien in den Gebieten an Wert, so die Argumente der Anwohner.
Langwieriger Prozess mit mehreren Beteiligten
Endgültig festgelegt werden die Flugrouten vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF). Die fachliche Vorplanung stammt von der Deutschen Flugsicherung (DFS), dazu sind die Fluglärmkommissionen der jeweiligen Flughäfen und das Umweltbundesamt in die Entscheidung involviert. Das vorrangige Ziel bei der Festlegung der Flugrouten sei vor allem die Flugsicherheit, sagt Nikolaus Herrmann, Direktor des BAF im Interview mit der Deutschen Welle: "Alles, was da geplant ist, muss natürlich sicher sein. Aber Lärmschutz steht auch ganz im Vordergrund."
Die Einhaltung der Flugrouten wird dabei streng von den jeweiligen Fluglotsen überwacht. Sie geben je nach Verkehrsaufkommen in der Luft dem Piloten den Weg vor. Der Pilot brauche dabei für "alle Flugmanöver eine Freigabe", sagt Herrmann. Wenn er seine Route ändern möchte, dann muss er vorher beim Fluglotsen anfragen, ob dies möglich ist. Eine Änderung der Flugrouten durch den Fluglotsen werde angeordnet, um den Luftverkehr flüssiger ablaufen zu lassen oder wenn es aus Flugsicherheitsgründen notwendig sei.
Die Fluglotsen als Herren über den Luftraum
Der Pilot ist dabei an die Weisungen der Fluglotsen gebunden. "Er kann nur in Notfällen - also wenn es um die Sicherheit des Flugzeugs und der Menschen an Bord geht - frei entscheiden und von den Routen abweichen", sagt Herrmann.
Nach einem Bericht des ARD-Magazins "Kontraste" beanstandet die EU-Kommission, dass die neuen Flugrouten des Berliner Flughafens nicht auf ihre Umweltverträglichkeit hin geprüft worden seien. Durch das Überfliegen würden besonders im Gebiet rund um den Müggelsee im Südosten Berlins seltene Vogelarten gefährdet. Aus diesem Grund werde über ein Vertragsverletzungsverfahren nachgedacht. Die Deutsche Flugsicherung ist sich keiner Schuld bewusst. "Wir sind nach geltendem deutschen Recht und Gesetz vorgegangen und haben die Flugroutenplanung auch in Berlin nach den Vorschriften in Deutschland umgesetzt", sagt Kristina Kelek, Sprecherin der Deutschen Flugsicherung in Langen.
Fluglärm nicht zu vermeiden
In unmittelbarer Nähe der Flughäfen sei Fluglärm schlichtweg unvermeidbar, sagt Herrmann. "Wir können nur die Gesamtlärmbebelastung beeinflussen, indem wir vor allem über dünner besiedeltem Gebiet fliegen lassen. Wegreden können wir die Belastung nicht", sagt Herrmann. Auch Kristina Kelek von der DFS sieht keine Möglichkeit, den Fluglärm komplett auszuschalten, auch wenn man viel versuchen würde. "Dafür gibt es ja auch die Fluglärmkommission, in der Vertreter aus allen Bezirken vertreten sind, die an die Flughäfen angrenzen." In dieser Kommission würden dann Alternativen in der Routenführung geprüft. Nicht immer sei aber eine Verlegung der Routen eine Lösung des Problems. "Wenn sie die Route ändern, dann treffen sie nur jemand anderen", sagt Kelek.