Streit um Antiterror-Task-Force in Texas
30. August 2019Anfang August erschoss ein Mann in einem Supermarkt in El Paso, Texas, 22 Menschen und verletzte dutzende weitere. El Paso ist eine Grenzstadt, und acht der Opfer stammten aus Mexiko. Der mutmaßliche Schütze hatte vor der Tat ein Manifest im Internet veröffentlicht, in dem er unter anderem vor der "Invasion" Texas' durch lateinamerikanische Einwanderer warnt. Als Reaktion auf das Massaker, das von den Behörden als mögliches Hassverbrechen und als ein Akt inländischen Terrorismus eingestuft wird, rief der Gouverneur von Texas, der Republikaner Greg Abbott eine "Domestic Terrorism Task Force" ins Leben. Am Freitag kam die Gruppe zu ihrem ersten Treffen zusammen.
Die Gruppe werde den Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen den inländischen Terrorismus zur Seite stehen, hieß es in der Presseerklärung, mit der Abbotts Büro die Gründung der Task Force bekannt gab.
"Unsere höchste Priorität ist es, dafür zu sorgen, dass Texaner in ihren Gemeinden sicher sind", sagte Abbott. "Ein Teil dieser Mission ist es, inländischen Terrorismus zu bekämpfen und die extremistischen Ideologien auszurotten, die Hass und Gewalt in unserem Bundesstaat befeuern."
Mitglieder aus Strafverfolgung und Grenzschutz
Zu den Aufgaben der neuen Anti-Terror Gruppe zählt unter anderem die Entwicklung von politischen Strategien im Kampf gegen den Terrorismus in Texas. Außerdem soll die Task Force zu einer besseren Kooperation zwischen lokalen Behörden und ihren Gegenstücken auf bundesstaatlicher und landesweiter Ebene beitragen.
Die Mitglieder, die all das erreichen sollen, kommen aus den verschiedensten Bereichen der texanischen Verwaltung. Neben Gouverneur Abbott selbst und seinem Stellvertreter Dan Patrick sind weitere Politiker vertreten, wie der Sprecher des texanischen Repräsentantenhauses. Andere Mitglieder bekleiden Führungspositionen in der texanischen Feuerwehr, der Polizei, dem Militär und der Nationalparkverwaltung von Texas.
"Um ein Problem zu lösen, müssen wir erst einmal zugeben, dass wir eins haben. Insofern ist die Gründung einer Task Force gegen inländischen Terrorismus ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Manny Garcia, der Vorsitzende der Demokraten in Texas, in einem Statement. Er kritisiert jedoch, dass ausschließlich Republikaner in der Arbeitsgruppe sind. Es sei unverständlich, dass der Gouverneur keine Vertreter von Gruppen in seine Task Force geholt habe, die "jeden Tag gegen den Hass kämpfen", wie beispielsweise die Anti-Defamation League oder die National Association for the Advancement of Colored People.
Task Force nur Theater?
Neben namentlich genannten Vertretern gehören auch Mitglieder des US Secret Service, des FBI und der Zoll- und Grenzschutzbehörde zur neu gegründeten Arbeitsgruppe. Kritiker stören sich an dieser Zusammensetzung. Sie befürchten, dass die Maßnahmen der Task Force auf Einwanderer abzielen werden.
Mario Carillo ist der Leiter des Texas-Büros der NGO America's Voice, die sich für die Rechte von Migranten einsetzt. Er sagt, die neue Arbeitsgruppe werde wenig an der Angst ändern, die seit der Schießerei von El Paso unter Einwanderern und Latinos in Texas herrscht.
Mitglieder der Task Force wie der stellvertretende Gouverneur Patrick und Ken Paxton, Generalstaatsanwalt von Texas, "haben in der Vergangenheit immer wieder Anti-Einwanderer-Rhetorik genutzt und Gesetze auf den Weg gebracht, die nicht nur Immigranten in Gefahr bringen, sondern auch hispanische US-Bürger, wie das Massaker von El Paso gezeigt hat", sagte Carillo der DW. "Falls sie nicht bereit sind, in sich zu gehen und verstehen, dass ihre Worte Konsequenzen haben, befürchte ich, dass diese Task Force nur Theater ist."
"Stimmen von Minderheiten berücksichtigen"
Ein weiterer Streitpunkt: Die namentlich genannten Mitglieder sind bis auf zwei Ausnahmen alle weiß und repräsentieren damit weder die Gruppe, auf die es der mutmaßliche Schütze von El Paso in seinem Fremdenhass abgesehen hatte, die Latinos, noch die Bevölkerung von Texas, von der mehr als ein Drittel hispanische Wurzeln hat.
"Ich frage mich, wie effektiv diese Task Force sein kann, wenn Mitglieder der Gruppe, die von dem Massaker betroffen war, nicht mit einbezogen werden", sagt Carillo. Um sicher zu gehen, dass Anschläge wie in El Paso nicht wieder passieren, müsse Gouverneur Abbott "auch die Stimmen von Minderheiten berücksichtigen, die weiterhin ein erhöhtes Risiko haben, Opfer von Attentätern zu werden."
Das Büro von Gouverneur Abbott reagierte auf eine Anfrage der DW zu der Kritik nicht. In seiner Erklärung zur Gründung der Task Force betont Abbott, dass er seinen Bundesstaat für alle Anwohner zu einem besseren Zuhause machen wolle: "Wir stehen geeint gegen all jene, die unserem Staat Böses wollen, und zusammen werden wir für eine sicherere Zukunft für jeden Texaner sorgen."