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Streit im Hause Volkswagen

10. April 2015

Das Tischtuch zwischen dem VW-Aufsichtsratschef und dem Vorstandsvorsitzenden ist zerschnitten. Überraschend greift Ferdinand Piëch Martin Winterkorn öffentlich an und provoziert eine Führungskrise.

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Symbolbild Volkswagen Investitionen
Bild: picture-alliance/dpa/Jochen Lübke

Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch rückt laut einem Bericht des Nachrichten-Magazins '"Der Spiegel" völlig überraschend von Konzernchef Martin Winterkorn ab. "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Piëch, wie das am Samstag erscheinende Magazin am Freitag online berichtete.

Ferdinand Piëch Archivbild 2012
Unerwartet attackiert Ferdinand Piëch ...Bild: Getty Images

Die "Spiegel"-Darstellung kommt einem Erdbeben im VW-Reich gleich. Piëch hatte die Konzernspitze vor Winterkorn selber geführt, zu dem er jahrzehntelang ein großes Vertrauensverhältnis besaß. Die Familien Porsche und Piëch besitzen die Stimmenmehrheit bei Volkswagen. Ohne Piëch fällt keine zentrale Entscheidung bei VW.

Das Tandem Winterkorn/Piëch galt auch als Weichensteller für die mittelfristige Zukunft. Winterkorns Vertrag läuft Ende nächsten Jahres aus, dann geht er auf die 70 zu. Piëch wird Mitte April 78. Konzerninsider berichteten zuletzt stets übereinstimmend, dass Winterkorn Piëch an der Spitze des Kontrollgremiums ablösen dürfte. Nur der Zeitpunkt schien unklar.

Martin Winterkorn Porsche Volkswagen Pressekonferenz
... Vorstandschef Martin Winterkorn.Bild: picture-alliance/dpa

Unterstützung durch Arbeitnehmer und Politik

Der einflussreiche VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh stellte sich derweil demonstrativ hinter Winterkorn. Er erklärte, wenn es nach den Arbeitnehmern gehe, werde dessen Vertrag über 2016 hinaus verlängert. VW-Konzernsprecher Stephan Grühsem sagte, Winterkorn habe Volkswagen in den vergangenen acht Jahren zu einem der "weltweit erfolgreichsten Automobilkonzerne" gemacht.

Auch VW-Aufsichtsrat und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stärkte Winterkorn den Rücken. "Ich bin unangenehm überrascht über die zitierten Aussagen von Herrn Professor Piëch", so Weil gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Hannover.

Weil sagte: "Ich halte eine öffentliche Diskussion über die Spitzen von VW für schädlich. Die Vertreter des Landes Niedersachsen werden sich daran nicht beteiligen und dringen darauf, wieder zu einer internen Diskussion zurückzukehren." Niedersachsens Vertreter im Aufsichtsrat sähen die Entwicklung des Konzerns positiv und pflegten eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Vorstandsvorsitzenden.

Winterkorns Zukunft ist plötzlich ungewiss

Den beiden Ingenieuren Piëch und Winterkorn wurde bislang ein besonders vertrauensvolles Verhältnis nachgesagt. VW-Kenner gehen davon aus, dass Piëchs Äußerungen Winterkorns Stellung erheblich schwächen dürften. Es stelle sich die Frage, ob der 67-Jährige seinen Vertrag tatsächlich noch einmal verlängert.

So ließ es auch Winterkorn zuletzt in mehreren Interviews offen, ob für ihn eine Vertragsverlängerung infrage komme. Vor diesem Hintergrund hat nun ein weiterer Satz von Piëch Gewicht, nachdem er anstrebe, "dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen". In Verbindung mit der Aussage über die Distanz zu Winterkorn wirbelt das die Perspektiven für die Führungsspitzen des Konzerns durcheinander. Das Nachrichtenmagazin schreibt, dass die Entscheidung, wer Volkswagen in Zukunft lenkt, erst 2017 fallen soll; und zwar "kurz vor meinem Ausscheiden", so die Formulierung von Firmenpatriarch Piëch.

dk/zdh (dpa/rtr)