Streiks gegen Rentenreform lähmen Frankreich
7. März 2023Laut der Gewerkschaft CGT beteiligten sich diesmal 3,5 Millionen Menschen an den Protesten, das wären rund eine Million mehr als an früheren Protesttagen. Auch laut den Zahlen des französischen Innenministeriums protestierten damit am Dienstag so viele Menschen wie noch nie zuvor gegen die geplante Rentenreform. Das Ministerium sprach jedoch nur von knapp 1,28 Millionen Demonstranten, nach 1,27 Millionen am vorangegangenen Aktionstag Ende Januar. Die Zahlen von Polizei und Gewerkschaften zu Protesten weichen in Frankreich meist stark voneinander ab.
Ausschreitungen in Paris
Allein in Paris seien etwa 700.000 Menschen auf die Straße gegangen, schätzte die CGT. Die Pariser Polizei zählte hingegen lediglich 81.000 Protestteilnehmer. Am Rande des Protestzugs in der Hauptstadt kam es zu Ausschreitungen. Randalierer zerstörten Bushaltestellen, errichteten Barrieren und legten sich mit Sicherheitskräften an, die ihrerseits Tränengas einsetzten.
Die Gewerkschaften hatten die Parole ausgegeben, "das ganze Land zu lähmen". Tatsächlich kam es durch die Streiks zu erheblichen Störungen im öffentlichen Verkehrssektor. Die französische Bahn meldete einen Ausfall von etwa 80 Prozent ihrer Fernzüge. In Paris und anderen Großstädten war der öffentliche Nahverkehr massiv gestört. Aus einigen Großstädten wurden Straßenblockaden gemeldet. Zwischen 20 und 30 Prozent der Flüge mussten gestrichen werden.
Demonstranten blockierten zudem sämtliche Raffinerien des Landes, sodass die Tankstellen nicht mit Treibstoff beliefert werden konnten. In zahlreichen Schulen fiel der Unterricht aus, etwa ein Drittel des Lehrpersonals legte die Arbeit nieder. Das Bildungsministerium zählte 48 teilweise blockierte Gymnasien. Auch mehrere Universitäten wurden blockiert. Die Müllabfuhr stellte ebenfalls die Arbeit ein.
Weiterer Protesttag am Samstag im Gespräch
"Heute ist der Beginn einer neuen Phase, die Streiks werden an vielen Orten fortgesetzt werden", sagte CGT-Gewerkschaftschef Philippe Martinez. Ein weiterer Protesttag am Samstag war im Gespräch.
Die Regierung in Paris will das Alter für den regulären Beginn der Rente schrittweise um zwei Jahre auf 64 Jahre erhöhen. Außerdem soll die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen. Die Reform gilt als eines der zentralen Vorhaben von Präsident Emmanuel Macron. Derzeit berät der Senat über den Reformentwurf. Möglicherweise kann das Gesetz bereits am 16. März mit den Stimmen der konservativen Republikaner verabschiedet werden.
Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später. Denn wer nicht lange genug eingezahlt hat, um Anspruch auf eine volle Rente zu haben, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen.
kle/se/ww (dpa, afp)