Newcomer gegen Politprofi
29. März 2014Der erste Wahldurchgang vor zwei Wochen endete unerwartet knapp. Regierungschef Robert Fico (im Artikelbild rechts) war ursprünglich als hoher Favorit gegen 13 andere Kandidaten ins Rennen gegangen. Doch er hatte am 15. März nur 28 statt der in Umfragen prognostizierten nahezu 40 Prozent erreicht. Sein stärkster Rivale, der Millionär Andrej Kiska (im Artikelbild links), lag nur um vier Prozentpunkte dahinter.
Entscheidend wird an diesem Samstag sein, wer sein Wählerpotenzial besser mobilisieren kann. Rund 4,4 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme bei der Stichwahl abzugeben. Den 49-jährigen Sozialdemokraten Fico hatte im ersten Durchlauf nach Einschätzung von Politologen gerade seine Favoritenrolle Stimmen gekostet: Ein großer Teil seiner Anhänger ging einfach nicht zur Wahl, da sein Sieg außer Zweifel zu stehen schien.
Der reiche Wohltäter
Der Neuling Kiska, Gründer einer der größten Wohltätigkeitsorganisationen des Landes, hat zwar noch nie ein politisches Amt bekleidet, kann aber laut Experten mit einer breiten Unterstützung aus dem Lager der ausgeschiedenen bürgerlichen Kandidaten rechnen. Zusammen gerechnet ergeben diese fast die Hälfte der abgegebenen Stimmen.
Seine Unerfahrenheit auf der politischen Bühne könnte ihm am Ende sogar zum Sieg verhelfen, meinen Beobachter. "Herz, Verstand und Charakter" lauten die Schlagworte, mit denen Kiska um Sympathien wirbt. Zusätzlich finanziert der parteilose Kandidat seinen Wahlkampf komplett aus eigener Tasche und ist damit keinen Förderern oder Parteien verpflichtet, wie er betont. Er gibt sich als Gönner und Gutmensch, der selbst auf seine Bezahlung als Präsident im Falle eines Sieges verzichten würde, um es lieber für wohltätige Zwecke zu spenden. Genug Geld habe er, sagt Kiska.
Der erfahrene Sozialdemokrat
Sein Rivale, Robert Fico, nennt ihn trotzdem "Wucherer", der durch die Naivität von Sparern reich geworden sei. Kiska ist in den 1990er-Jahren durch sogenannte Kreditfinanzierungsfirmen zu seinem Vermögen gekommen. Fico wirft ihm vor, überhöhte Zinsen verlangt zu haben. Kiska hingegen will gegen die Vorwürfe nun juristisch vorgehen. Er gilt in der Slowakei nicht als korrput, weil er seit Jahren viel von seinem Geld für wohltätige Zwecke spendet.
Ficos Pluspunkt ist immer noch seine Popularität: In Umfragen ist er seit Jahren unangefochten der beliebteste Politiker des Landes. Als jüngster Parlamentsabgeordneter begann er Mitte der 1990er-Jahre seine politische Karriere. Mit seiner Partei Smer-Sozialdemokratie errang er bei den letzten Parlamentswahlen 2012 die absolute Mehrheit im Parlament und konnte so die erste Einparteienregierung in der Slowakei seit 1992 bilden.
"Ich stehe als Politiker seit 20 Jahren unter permanenter Beobachtung der Medien. Über mich wissen Sie alles", sagt Fico in Bezug auf die Bürger. Der 49-jährige Jurist ist seit Jahren erfolgreich mit seiner proeuropäischen Politik und der Abkehr von dem für Rentner und Geringverdiener harten neoliberalen Kurs früherer Regierungen. Einzig sein Kampf gegen Korruption wirkt Experten zufolge seit längerem weniger entschlossen und auch im Hinblick auf seine strenge Haushaltspolitik konnte er zuletzt nicht alle Erwartungen seiner Anhänger erfüllen.
Große Abstimmungsunterschiede im Land
Auffallend war im ersten Wahlgang der traditionelle Gegensatz zwischen der reichen Region Bratislava und den ärmeren Regionen im Osten. Während Bratislava mit überwältigender Mehrheit für bürgerliche Kandidaten stimmte und Fico nur auf den vierten Platz verwies, konnte der Sozialdemokrat fast im ganzen Rest des Landes gewinnen. Die Bürger Bratislavas beteiligen sich oft stärker an Wahlen als die von der Politik frustrierten Provinzbewohner. Das könnte für Kiska sprechen.
Wer die Stichwahl gewinnt, muss sich zunächst in Geduld üben. Nach Wahlende um 22 Uhr (MEZ) wird zwar mit den Ergebnissen bereits am Sonntagnachmittag gerechnet, der scheidende Präsident Ivan Gasparovic bleibt aber dennoch bis zum 15. Juni im Amt. Er durfte nach zwei jeweils fünfjährigen Amtsperioden nicht mehr antreten.
Die Aufgaben des slowakischen Staatsoberhaupts sind zwar eher repräsentativ. In den 1990er-Jahren hatte aber der damalige Präsident Michal Kovac mit einer Rede im Parlament sogar den Sturz der Regierung bewirkt.
nis/zam (afp, dpa)