Sterne für deutsche Stars
17. September 2010"DORIS! Guck mal hier her!" Ein Pulk von Fotografen hat sich um Doris Dörrie gebildet, lauthals bellen sie um das beste Foto. Die Regisseurin bleibt freundlich, freut sich über die Ehrung und den Fotorummel. Um Star und Stern aufs Bild zu kriegen, muss sich Dörrie in eine etwas unbequeme Pose hocken.
Regisseur Wim Wenders handhabt diese kleine Herausforderung etwas lockerer, er setzt sich einfach mit gespreizten Beinen hinter seinen Stern. Naturgemäß sind die Fotografen ganz aus dem Häuschen.
Boulevard der Stars
Nun hat also auch Berlin seinen "Walk of Fame", so der Name des berühmten Vorbilds aus Hollywood. In der deutschen Hauptstadt heißt er "Boulevard der Stars" und liegt auf dem breiten Mittelstreifen und auf den Fußwegen des Potsdamer Platz. Hier laufen jedes Jahr im Februar Filmstars zur Berlinale auf. Mit den in den Boden eingelassenen Messingsternen und dem roten rutschfesten Granulat, das an einen roten Teppich erinnern soll, gibt es hier nun das ganze Jahr über ein Staraufgebot. Das ist jedoch erst einmal auf nur 40 ausgewählte Künstler beschränkt, der Platz für weitere 110 ist aber schon reserviert. Zum Vergleich: in Hollywood können Filmfans über knapp 2500 Sterne spazieren.
Mit dem 48 Zentimeter großen Stern samt Berufsbezeichnung auf Deutsch und Englisch und Starunterschrift werden unter anderem deutsche Schauspieler wie Romy Schneider, Marlene Dietrich und Bruno Ganz und Regisseure wie Wim Wenders, Werner Herzog und Rainer Werner Fassbinder geehrt . Aber auch kaum bekannte Namen sind dabei wie Peter Przygodda (Filmeditor), Jan Schlubach (Filmarchitekt) und Klaus Doldinger (Komponist). Denn geehrt werden sollen alle Filmschaffende, egal ob sie sich vor oder hinter der Kamera verdient gemacht haben.
Ausgewogene Star-Mischung
Natürlich war es nicht ganz einfach, sich auf die ersten 40 Namen zu einigen. Ausgewählt wurden sie von einer Jury, die wiederum über 300 Vorschläge von deutschen Film- und Fernsehinstitutionen erhalten hatte. Die fünfköpfige Jury, zu der unter anderem die von der Deutschen Filmakademie entsandte Schauspielerin Senta Berger und Berlinale-Chef Dieter Kosslick gehören, betonte jedoch, dass die ersten Ehrungen nicht als Rangliste verstanden werden solle. Vielmehr sei man um eine ausgewogene Mischung an Künstlern bemüht: tot und lebendig, Ost und West, Männer und Frauen, Film und Fernsehen, vor und hinter der Kamera. Der älteste Star ist übrigens Max Skladanowski, Erfinder und Wegbereiter des bewegten Bildes; der Jüngste die Regisseurin Doris Dörrie.
Ein besonderer Clou des "Boulevard der Stars" sind die "Magischen Kameras", die in ein paar Meter Abstand fest installiert neben jedem Stern stehen. Wer hindurchguckt, sieht sein Idol wie einen Geist über dem fünfzackigen Denkmal schweben. Die Projektion lässt sich sogar durch den Sucher der "Magischen Kamera" fotografieren. Am besten stellt sich der Filmfan selbst neben den Stern, dann erscheint neben ihm der schwebende Star.
Initiiert hat den "Boulevard der Stars" übrigens der Filmhistoriker Gero Gandert. Er wolle die deutschen Filmstars wieder zurück ins kollektive Gedächtnis rufen, sagte er gegenüber der "Berliner Zeitung". Der 81-Jährige arbeitet für das Deutsche Filmmuseum am Potsdamer Platz, sein Herzensprojekt kann er jetzt also jeden Tag direkt vor der Tür seines Arbeitgebers bewundern. Seit 2001 hat er sich für die Sterne eingesetzt. Er sei überglücklich, dass er die Umsetzung noch auf seine alten Tage erleben könne. Ursprünglich war der "Boulevard der Stars" nämlich schon für 2004 geplant gewesen.
Autorin: Nadine Wojcik
Redaktion: Oliver Samson