Aleppo vor der Feuerpause
19. Oktober 2016Fernsehbilder aus Aleppo zeigen eine inzwischen nahezu vollständig zerstörte Stadt. Doch in den Rebellengebieten im Osten sollen noch rund 250.000 Menschen leben. Sie leiden unter einem massiven Mangel an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung, wie Hilfsorganisationen berichten.
Raus aus Aleppo?
Kann man die Zeit nutzen, um diese Menschen zu retten? Seit Dienstagmorgen um 10.00 Uhr (Ortszeit) werden nach den Worten des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu keine neuen Angriffe geflogen. Die eigentliche Feuerpause werde am Donnerstag von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr (Ortszeit) gelten. Zivilisten und auch Rebellen solle es so ermöglicht werden, den Osten Aleppos zu verlassen.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Feuerpause als "Geste des guten Willens". Die Zeit solle genutzt werden, um moderate Rebellen und Terroristen in der Stadt zu entflechten, erklärte Lawrow. Doch ob dieses Vorhaben gelingt, ist fraglich.
"Das ist ihr Land"
Denn aus Syrien selbst kommen Signale, dass die Rebellen die umkämpfte syrische Großstadt nicht preisgeben werden. Die Deutsche Presse-Agentur zitiert dazu Usama Abu Seid, einen Berater der moderaten Rebellengruppe Freie Syrische Armee (FSA): "Das ist ihr Land. Sie werden es nie verlassen oder sich ergeben." Und: Es komme nicht infrage, das eigene Land zu evakuieren.
Die russischen und syrischen Streitkräfte haben diese Kämpfer in Aleppo seit Wochen bombardiert. Vor allem der Westen wirft den Regierungen in Moskau und Damaskus vor, dabei auch viele zivile Opfer in Kauf zu nehmen. Die EU spricht in diesem Zusammenhang von möglichen "Kriegsverbrechen". Russland und Syrien weisen dies zurück.
"Natürlich gut"
Aus Washington kommen zurückhaltende Signale. Nachdem die US-Regierung zwischenzeitlich die Gespräche mit Russland über eine Feuerpause für Aleppo ganz eingestellt hatte, war Außenminister John Kerry am vergangenen Samstag in Lausanne auch mit seinem russischen Kollegen Lawrow wieder zusammengetroffen. Sollte es durch den Stopp der Luftangriffe nun eine "Reduzierung der Gewalt" geben, sei das natürlich gut, sagte Außenamtssprecher John Kirby dem Nachrichtensender CNN. Noch sei es aber zu früh, dies zu beurteilen.
ml/stu (dpa, afp)