"Jüdisches Zentrum ist ein Geschenk"
18. August 2021Mit einer Festveranstaltung ist das neue jüdische Religionszentrum an der Universität Potsdam mit Rabbinerausbildung und Synagoge eröffnet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte die Einrichtung als Ausbildungsstätte, die weit über die Grenzen ausstrahle, und als "Geschenk für unser Land". Er sei zutiefst dankbar dafür, dass in Deutschland wieder Rabbinerinnen und Rabbiner ausgebildet werden, sagte der Bundespräsident bei der Feier am Neuen Palais im Park Sanssouci.
Steinmeier ruft zur Zivilcourage auf
Er forderte zugleich einen größeren gesellschaftlichen Einsatz und mehr Zivilcourage gegen Judenhass. "Es schmerzt mich und macht mich zornig, dass sich Antisemitismus, antisemitischer Hass und Hetze in Deutschland, ausgerechnet in Deutschland, wieder offen zeigen, und das schon seit Jahren", sagte Steinmeier. Auch noch nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle im Jahr 2019 würden Jüdinnen und Juden verhöhnt, herabgewürdigt und gewaltsam angegriffen. Jeder Einzelne und die gesamte Gesellschaft seien gefordert, deutlich zu machen, dass keinerlei Antisemitismus geduldet werde.
Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke sprach von einem bedeutenden Moment für Potsdam, Brandenburg und Deutschland. "Denn auch 76 Jahre nach dem Ende des nationalsozialistischen
Terror-Regimes ist die Eröffnung jüdischer Einrichtungen und Synagogen auf deutschem Boden noch alles andere als selbstverständlich", sagte Woidke.
Als eine neue "wesentliche Säule" der deutschen Bildungslandschaft würdigte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Einrichtung in Potsdam. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, schrieb in einem Grußwort: "Wir brauchen eine starke öffentliche Sichtbarkeit des Judentums in Deutschland auch auf den Ebenen akademischer Theologie."
Der Präsident der katholischen EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, erklärte in seinem Grußwort, das Zentrum sei weit über die Europäische Union hinaus vernetzt und ein "zentraler Ort in Europa für die geistige Renaissance jüdischen Lebens nach der Schoa".
Die neue Bildungsstätte befindet sich auf dem Campus Am Neuen Palais im Park Sanssouci. Sie umfasst die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam sowie die Rabbinerseminare Abraham Geiger Kolleg und Zacharias Frankel College.
Eingeschrieben sind derzeit rund 80 Studierende, von ihnen streben 31 ein Rabbinat oder ein Kantorat an. Es entstand zudem eine Synagoge, der erste Neubau eines jüdischen Gotteshauses in Potsdam nach dem Holocaust.
se/sti (afp, kna, epd, dpa)