Statthalter beim EU-Gipfel
17. Oktober 2003Das Gipfeltreffen endete mit einem Novum: Die deutschen Spitzen-Politiker saßen am zweiten Tag der Beratungen nicht mit am Konferenz-Tisch. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer waren unabkömmlich, denn sie mussten in Berlin über die Reform-Gesetze mit abstimmen. So wurde Deutschland von Frankreich vertreten. Jacques Chirac gab sich aber diplomatisch und sah sich nicht als offizieller Vertreter Deutschlands.
Differenzen in der Sicherheitspolitik
Neben dieser personellen Aufregung zeigten sich auch inhaltlich wieder große Differenzen. Die Europäische Union tut sich weiter schwer mit der gemeinsamen Verteidigung. In jüngster Zeit forderten vor allem Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg den Aufbau eigener EU-Strukturen für die Planung und Führung militärischer Einsätze gedrungen. Der britische Premier Tony Blair hatte sich der Initiative jüngst angeschlossen, aber ein eigenes Hauptquartier der EU außerhalb der NATO lehnt Großbritannien nach wie vor ab. Auch das Gipfel-Treffen brachte hier keine Änderungen.
Abgesehen von diesen Aufregungen ging der Gipfel dann eher ruhig zu Ende: In einer Erklärung zum Nahen Osten verurteilte der Europäische Rat die Kette der Selbstmord-Attentate und andere Gewaltakte und ruft alle Seiten zum Dialog auf. Die Palästinenser werden aufgefordert, ihre Entschlossenheit zur Bekämpfung terroristischer Gewalt "konkret unter Beweis zu stellen". Israel auf der anderen Seite solle nichts unternehmen, was das humanitäre und wirtschaftliche Los der palästinensischen Bevölkerung verschlimmere.
Konkrete Beschlüsse erst im Dezember
Die Staats- und Regierungschef einigten sich in Brüssel auf ein so genanntes Schnell-Start-Programm. Damit wollen sie die schwache Konjunktur In Europa ankurbeln. Nach den Vorstellungen der italienischen Präsidentschaft sollen dafür bis zu 50 Milliarden Euro ausgegeben werden. Konkrete Beschlüsse sollen aber erst beim nächsten Gipfel im Dezember gefasst werden.
Zu diesem Zeitpunkt soll endlich auch eine Gesamtlösung für den Verfassungs-Vertrag vorliegen. Nach wie vor streiten sich die Chefs der Mitgliedsländer und der Beitrittskandidaten über mehrere Punkte. Am heftigsten umstritten hierbei sind die Anzahl der Kommissare und die Stimmgewichtung für die einzelnen Staaten.