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Standpunkt: Thailand muss sich ändern

Rodion Ebbighausen3. Dezember 2013

Nur wenn die Verbrüderungsszenen nach den Straßenschlachten in Bangkok tiefer reichende gesellschaftliche Veränderungen anstoßen, kann Thailand eine stabile Demokratie werden, meint Rodion Ebbighausen.

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Die Straßenschlachten in Bangkok sind vorbei. Auf Anordnung der Regierung hat die Polizei die Barrikaden abgebaut und den Weg in die Machtzentralen freigegeben. Die Gegner vom Wochenende liegen sich heute in den Armen.

Rodion Ebbighausen
Bild: DW

Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra hat mit der Deeskalationsstrategie die richtige Entscheidung getroffen. Die Welle des Protests kann so hoffentlich sanft ausrollen, statt mit Gewalt an den Barrikaden gebrochen zu werden. Yingluck weiß, dass die Mehrheit des Volkes hinter ihr steht. Das macht sie so stark, dass sie die Sicherheitskräfte abziehen kann, ohne fürchten zu müssen, vom Protest weggespült zu werden. Der Aufruf zur Fortsetzung des Kampfes von Protestführer Suthep Thaugsuban wirkt dagegen hilflos.

Das Ende der Proteste, wenn es nicht noch durch einen verzweifelten Gewaltakt gestört wird, kann ein Anfang sein. Yingluck muss ihre Stärke langfristig nutzen, um die tief gespaltene thailändische Gesellschaft zu vereinen. Mit dem Versöhnungsprozess, von dem seit langem die Rede ist, der aber bisher ohne konkrete Ergebnisse geblieben ist, muss ernst gemacht werden. Ansonsten ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächsten Straßenschlachten ausbrechen.

Seit 1992 wagte das Land mehr Demokratie. Thailand steht seitdem in einem Umbruchprozess, zu dem zwangsläufig auch Krisen gehörten. Doch die Krisen hatten kaum Fortschritte zur Folge. Stattdessen vertieften sie die Gräben zwischen den Menschen. Den alten Machteliten fällt es schwer, auf Privilegien zu verzichten und das Votum der Mehrheit zu akzeptieren. Die Regierungspartei um die Geschwister Shinawatra kann den Verlockungen populistischer Versprechen oft nicht widerstehen.

Auf dem Weg zur Einheit werden beide Seiten Kröten schlucken müssen. Yingluck wird darauf verzichten müssen, ihren im Exil lebenden Bruder als graue Eminenz der thailändischen Politik zu konsultieren. Nur so besteht die Chance, politisches Vertrauen bei den Gegnern zurückzugewinnen. Die Gelbhemden andererseits werden akzeptieren müssen, dass die Mehrheit die Richtung vorgibt.

Beide Seiten müssen das in Thailand weit verbreitete Freund-Feind-Denken überwinden. In einer Demokratie ist der politische Gegner nicht ein Feind, den man vernichten muss. Es geht darum, mit dem besseren Argument eine Mehrheit hinter sich zu vereinen. Dabei besteht immer die Möglichkeit, dass die Opposition von heute die Regierung von morgen ist. Der politische Wettstreit darf deswegen nicht so geführt werden, dass Versöhnung unmöglich ist.

Yingluck kann jetzt beweisen, wie stark sie wirklich ist, wenn sie an ihrem Angebot zum Dialog auch nach dem Abflauen der Proteste festhält. Aus der Position der Stärke kann sie Fehler eingestehen und Angebote machen, die die Opposition nicht demütigen. Nur so besteht die Hoffnung, dass Thailand langfristig den Weg zu einer dem Land angemessen Form der Demokratie findet.