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Kommentar: Das Zögern des Westens

Miodrag Soric 19. Februar 2015

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" breitet sich jetzt auch in Libyen aus. Dass die internationale Staatengemeinschaft in dieser Lage zögert, findet Miodrag Soric kritikwürdig.

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Libyen Islamisten Demo in Bengasi 31.10.2014
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Hannon

Die Ägypter sind wütend. Mit einigem Recht. 21 Kopten wurden von Kämpfern des "Islamischen Staates" (IS) in Libyen bestialisch hingerichtet. Kairos Außenminister wendet sich deshalb an den UN-Sicherheitsrat, der in New York tagt. Die Weltgemeinschaft solle das Waffenembargo gegen Libyen aufheben. Nur mit Waffengewalt könne die dortige Regierung wieder die Kontrolle über das Land zurückgewinnen und den IS sowie andere Islamisten besiegen. Ägypten wolle dabei helfen.

Skepsis in New York

Doch der Sicherheitsrat vertröstet Kairos Außenminister. Die Runde in New York steht Waffenlieferungen in ein Land, in dem Chaos herrscht, skeptisch gegenüber. Die Waffen könnten in die falschen Hände gelangen. Der Sicherheitsrat setzt weiter auf Diplomatie. Dem UN-Sonderbotschafter Bernardino Leon soll mehr Zeit gegeben werden, um die zerstrittenen Parteien in Libyen an einen Tisch zu bringen. Gemeinsam sollen sie eine Regierung bilden, die gegen den IS vorgeht.

Bislang ging dieser Plan nicht auf. Die Verhandlungen ziehen sich hin. Gleichzeitig wachsen in Libyen Anarchie, Armut und Perspektivlosigkeit. Als Muammar Gaddafi stürzte, hatten das nur wenige vorausgesagt, etwa der damalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle. Sicher: Gaddafi war ein autoritärer Herrscher. Brutal ging er gegen politische Gegner vor. Und niemand weint ihm eine Träne nach. Fakt ist aber auch, dass es unter seiner Herrschaft dem Land wirtschaftlich gut ging. Sogar Nachbarstaaten profitierten davon. Zehntausende ägyptischer Gastarbeiter verdienten auf den Gasfeldern Libyens gutes Geld. Franzosen und Briten, die sich später beim Sturz Gaddafis hervortaten, machten jahrzehntlang Milliarden-Geschäfte mit dem Diktator. Heute erinnern sie sich nur ungern daran.

DW-Mitarbeiter Miodrag Soric in Ferguson, USA
Miodrag Soric, Deutsche Welle WashingtonBild: DW

Im freien Fall

Und jetzt? Libyens Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Zwei "Regierungen" - eine im Westen und eine im Osten des Landes - bekriegen sich. Im Norden des Landes haben sich Islamisten festgesetzt. Sie profitieren von der Hoffnungslosigkeit der Menschen. Täglich bekommen sie Zulauf. Auch aus dem Ausland, aus Syrien oder Tunesien. Der IS spinnt sein Netzwerk immer weiter. Und die Weltgemeinschaft schaut zu.

Europa reagiert halbherzig auf die Krise. Dabei ist es betroffen: Tausende Flüchtlinge überqueren auf Booten die 660 Kilometer bis nach Italien. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Ein Balanceakt

Auch Amerika winkt ab. Präsident Obama hält zwar zum Thema internationaler Terrorismus bedeutende Reden. Doch wenn es ums Handeln geht, hält er inne. Seine Vorgänger sorgten einst gemeinsam mit Saudi Arabien, Ägypten, Kuweit, Jordanien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten für Stabilität im Nahen und Mittleren Osten. Obama hält Abstand zu den früheren Verbündeten. Er hofft so, den Dialog mit dem Iran fortführen zu können. Obama braucht Teheran, um den Irak und Syrien zu befrieden. Ein schwieriger Balanceakt für den amerikanischen Präsidenten.

Derweil gehen die Kämpfe in Libyen weiter.