Gaggenau stoppt türkischen Minister
2. März 2017Die Stadt Gaggenau in Baden-Württemberg hat den für Donnerstagabend geplanten Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdag in ihrer Festhalle untersagt. Die Halle, die Parkplätze und die Zufahrten reichten für den erwarteten Besucherandrang nicht aus, begründete die Stadt ihre Entscheidung und widerrief deshalb die Genehmigung der Veranstaltung.
Bozdag wollte bei der Veranstaltung für ein "Ja" bei der Volksabstimmung über das vom türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem werben. Bei dem für den 16. April geplanten Referendum sind auch rund 1,4 Millionen in Deutschland lebende Türken wahlberechtigt.
Bürgermeister befürchtet gefährliche Situation
Gaggenaus parteiloser Bürgermeister Michael Pfeiffer sagte: "Wir gehen davon aus, dass die Situation zu gefährlich werden könnte." Die Absage der Veranstaltung sei keine politische Entscheidung, betonte Pfeiffer. Vielmehr sei zu befürchten, dass wegen des umstrittenen Wahlkampfauftritts von Bozdag mehr Menschen in die Stadt kämen als die Kulturhalle fassen könne. Der Bürgermeister unterstrich, dass der Beschluss nicht mit höheren politischen Ebenen abgesprochen sei. "Das ist unsere Entscheidung."
Unklar ist, ob die Veranstalter vor Gericht ziehen, um den Beschluss anzufechten. Nach den Worten von Pfeiffer wird mindestens eine Hundertschaft der Polizei eingesetzt, um die Halle zu sichern, falls die Veranstaltung doch stattfinden sollte oder den Verkehr wegen erhöhtem Aufkommen umzuleiten.
Erdogans Pläne in der Kritik
In Deutschland und anderen europäischen Staaten werden die Pläne Erdogans wegen des damit verbundenen Abbaus demokratischer Standards kritisiert. Die Rechte des gewählten Parlaments in der Türkei würden eingeschränkt. Der Staatspräsident wäre in Personalunion Regierungschef und hätte umfassende exekutive und legislative Vollmachten.
Konflikt um Korrespondent Yücel
Die Wahlkampfveranstaltungen türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland sorgen zudem wegen der Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel in Istanbul für Kritik. Erst am Mittwoch hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Freilassung Yücels gefordert und die Achtung der Pressefreiheit in der Türkei angemahnt. Die Bundesregierung werde alles in ihrer Macht stehende tun, um auf eine Freilassung Yücels hinzuwirken, betonte die Kanzlerin. Bislang gibt es aber keinerlei Anzeichen für ein Einlenken Ankaras.
Unterdessen hat die Stadt Köln Meldungen dementiert, wonach der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci am Sonntag im Bezirksrathaus Köln-Porz auftreten werde. "Es gibt keinen Mietvertrag für diese Veranstaltung am 5. März und es wird auch keinen geben", sagte eine Sprecherin der Stadt der Deutschen Presse-Agentur.
wl/uh (dpa, afp)