Sportland unter
10. Juni 2013Das Ernst-Abbe-Sportfeld liegt mitten im idyllischen Paradiespark, direkt an der Saale in der Universitätsstadt Jena. In den vergangenen Tagen ist der Anblick der Heimstätte des einst erfolgreichen Fußballclubs Carl-Zeiss Jena sowie des Frauenbundesliga-Teams FF USV Jena jedoch alles andere als paradiesisch. Die steigenden Pegelstände des Flusses haben dazu geführt, dass das Sportareal geflutet wurde. Dazu gehören das Stadion, weitere Fußball- sowie Beachvolleyball- und Tennisplätze und auch Sporthallen. Betroffen sind neben den Fußballvereinen das Universitätssportzentrum und der Leichtathletikclub Jena (LC Jena).
Existenz des Clubs in Gefahr
Die Solidarität ist klasse. Das hätten wir so nicht erwartet", zeigt sich Ralf Janke von der Unterstützung überwältigt. Janke ist stellvertretender Vorsitzender des LC Jena.
Der Verein hatte auf seiner Homepage einen Hochwasser-Hilfeaufruf gestartet. Ob von zehn Euro bis zu dreistelligen Beträgen oder einfach aufmunternde Worte - in den vergangenen Tagen erreichte den Verein neben finanzieller auch symbolische Hilfe. So griff Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler, die in Jena einst ihre erfolgreiche Leichtathletik-Karriere begann und heute dem Förderverein des LC Jena vorsteht, zum Telefonhörer und bot ihre Unterstützung an. "Jetzt bin ich guten Mutes", sagt Janke. Zu Beginn des Hochwassers wähnte er sogar die Existenz des Clubs in Gefahr.
Schadenhöhe noch nicht kalkulierbar
Vor allem die Absage des Jenaer Leichtathletik-Meetings und des Schülersportfestes, eigentlich für den 1. Juni geplant, wiegen schwer. Die Einnahmen sollten zum Großteil die Kinder- und Jugendarbeit des Vereins absichern. Statt Gewinn einzufahren bleibt man nun sogar auf den Kosten sitzen. Auf bis zu 15.000 Euro beziffert Janke alleine den Verlust der ausgefallenen Veranstaltung. Hinzu kommen Hochwasserschäden, die noch nicht kalkulierbar sind. "Bisher konnten wir die Anlage und unsere Laufhalle noch nicht betreten", sagt Janke. Deshalb wisse man erst in ein paar Tagen, wie stark etwa Geräte und Trainingsmaterialien wirklich beschädigt seien. Dann werde man wohl auch eine Bedarfsanalyse an den Landessportbund (LSB) richten, der seine Unterstützung angeboten hat.
Gerettet, was zu retten war
Solch eine Schadenauflistung hat der Universitätssportverein Jena (USV Jena) schon an den LSB geschickt. Zum Glück habe man nach der letzten Saale-Flut im Jahr 1994 die zehn damals zerstörten Sandtennisplätze etwas höher gebaut, sieht USV-Geschäftsführer Thomas Fritsche allem Ärger zum Trotz noch etwas Positives. Schließlich blieben diese Plätze diesmal von größeren Schäden verschont. Anderes gilt für die Kunstrasen-Tennisanlage, die komplett kaputt ist. Da außerdem die Kunststofflaufbahn, die Beachvolleyball- und Fußballplätze aufwendig gereinigt sowie zerstörte Maschinen und Geräte ersetzt werden müssten, sei ein Schaden von rund 250.000 Euro zusammengekommen, rechnet Fritsche vor. Er hat das Ansteigen des Pegels und die nahende Flut hautnah miterlebt: "Das kam so schnell. Wir haben gerettet, was zu retten war."
Vereins- und Hochschulsport sowie Universitäts-Lehre werden vorerst nur eingeschränkt möglich sein. Auch beim LC Jena ist derzeit nicht an Trainings- und Wettkampfbetrieb zu denken. Die blaue Tartan-Bahn muss erst von den Wasser- und Schlammspuren gesäubert werden.
Hochwasser trübt Vereinsjubiläum und Stadionneubau
Der Fußballrasen des Stadions, auf dem der traditionsreiche FC Carl-Zeiss Jena und der Frauenbundesligist FF USV Jena ihre Heimspiele austragen, hat ebenfalls stark gelitten. Der Regionalligist feiert gerade sein 110-jähriges Bestehen und erinnert dabei gerne an die glorreichen 1980er Jahre, als der Club auf europäischer Fußballbühne glänzte. Für den Verein kommt das Hochwasser mehr als ungelegen. Neben den auf mehrere 10.000 Euro geschätzten Schäden an der elektronischen Rollbandenanlage und dem VIP-Zelt kommt auf den ambitionierten Fußballklub womöglich eine Debatte um die geplante Multifunktionsarena zu.
Diese soll - mit EU-Geldern gefördert - genau am jetzigen Stadion-Standort im Hochwasserschutzgebiet entstehen. Während Kritiker des Neubaus nun ihre Stunde gekommen sehen, beschwichtigen die Befürworter. "Den Bau einer Multifunktionsarena am jetzigen Standort sehen wir als nicht gefährdet an", sagt auch Roy Stapelfeld, Geschäftsführer des FC Carl Zeiss Jena. Schließlich sei die derzeitige Haupttribüne bereits hoch genug gebaut und deshalb nicht vom Hochwasser beschädigt worden.
Blick nach vorne
Universitätssport und Leichtathletik betrifft das nur am Rande. Denn einen 100-prozentigen Schutz vor künftigen Hochwassern - wissen deren Verantwortliche - gebe es für ihre Anlagen nicht. "Es wird bei uns immer Wasser durchlaufen", sagt USV-Jena-Geschäftsführer Fritsche. Der Verein hofft auf weitere Unterstützung. Fritsche denkt über ein Fußball-Benefizspiel der Bundesligafrauen gegen eines der Topteams aus Potsdam oder Wolfsburg nach. Ralf Janke, Vizechef des LC Jena, blickt optimistisch nach vorne. Die Hilfsbereitschaft der Mitglieder sowie von außen zeige, dass die Leichtathletik in der Sportstadt Jena anerkannt sei. Deshalb denke er nicht an "Hochwasser-Depression" oder ans Aufgeben.