Internationale Kritik an Twitter
11. Januar 2021Twitter hatte das Konto von US-Präsident Donald Trump dauerhaft gesperrt und ihm damit seine wichtigste Kommunikationsplattform entzogen. Als Grund nannte Twitter das "Risiko einer weiteren Anstiftung zur Gewalt".Trump warf Twitter am Freitagabend in einer über Journalisten im Weißen Haus verbreiteten Mitteilung vor, sich mit den Demokraten verschworen zu haben, um ihn und seine Anhänger zum Schweigen zu bringen.
Auch an der Börse blieb die Reaktion nicht aus: Mit Blick auf die Sperre des wohl öffentlichkeitswirksamsten Nutzers der vergangenen Jahre gab die Twitter-Aktie am Montag deutlich nach.
Die Sperrung des Twitter-Kontos von US-Präsident Trump nach der Erstürmung des Kapitols stößt bei europäischen Politikern auf Kritik. Eingriffe könne es nur entlang der Gesetze geben, nicht aber nach Beschluss von Betreibern von Social-Media-Plattformen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
Ähnlich äußerte sich Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Er kritisierte, derartige Entscheidungen dürften nicht den Digitalunternehmen selbst überlassen werden.
Unterstützung kam vom deutschen Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Er teilte einen entsprechenden Tweet Le Maires mit den Aussagen und kommentierte: "So ist es."
Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), forderte mehr Aufsicht über die Online-Netzwerke. "Wir können es nicht den amerikanischen Big-Tech-Firmen überlassen, zu entscheiden, wie wir diskutieren und nicht diskutieren", sagte er der Nachrichten-Website "Politico". "Wir brauchen einen strengeren regulatorischen Ansatz."
Sturm auf US-Kapitol als Weckruf für Regulierung von Online-Firmen
EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sieht die Ereignisse um den Sturm auf das US-Kapitol als Beleg für die Notwendigkeit, Online-Netzwerke stärker zu regulieren. Der Vorfall offenbare "die Zerbrechlichkeit unserer Demokratien - und die Bedrohung, die unterregulierte Tech-Unternehmen für ihr Überleben darstellen können", schrieb Breton in einem Gastbeitrag. Er äußerte dabei auch Zweifel, ob die Social-Media-Firmen alleine die Macht haben sollten, Konten eines US-Präsidenten zu sperren.
"Die Unruhen der letzten Woche markieren den Höhepunkt jahrelanger Hassreden, Anstiftung zur Gewalt, Desinformation und Destabilisierungsstrategien, die sich ungehemmt über bekannte soziale Netzwerke verbreiten durften", schrieb Breton in dem Gastbeitrag weiter. Sie hätten das US-Dogma zu Fall gebracht, "das Social-Media-Unternehmen Immunität vor zivilrechtlicher Haftung für von ihren Nutzern gepostete Inhalte gewährt".
Die Online-Plattformen müssten sich die Frage gefallen lassen, warum sie es nicht geschafft hätten, "die Fake News und Hassreden, die zu dem Angriff am Mittwoch führten, von vornherein zu verhindern", schrieb der Franzose. Denn "was online passiert, bleibt nicht nur online: Es hat - und verschlimmert sogar - auch Konsequenzen im echten Leben."
hf/fab (dpa, afp)