SPD zu Gesprächen bereit
27. September 2013Die SPD-Führung ist bereit zu Sondierungsgesprächen mit der Union. Das verlautete am Nachmittag aus Parteikreisen in Berlin. Der Parteivorstand habe beschlossen, nächste Woche erste Kontakte mit der CDU/CSU aufzunehmen. Die letztendliche Entscheidung über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen sollen aber wohl die Mitglieder treffen.
Dieses Vorgehen hatt sich in den letzten Tagen immer deutlicher herauskristallisiert. Denn an der Parteibasis rumort es kräftig. Aus den Landesverbänden, aus den Bezirken und den Ortsvereinen kommt Widerstand gegen eine große Koalition mit der Union. Nach dem mageren Ergebnis der Bundestagswahl, das der SPD einen Stimmenzuwachs von nur rund 2,5 Prozentpunkten eingebracht hat, ziehen es viele Genossen vor, dass sich die Partei in der Opposition erneuert. Zu lebendig ist zudem die Erinnerung an die große Koalition von 2005-2009, aus der die SPD geschwächt hervorgegangen war. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2009 holte sie ihr bisher schlechtestes Wahlergebnis und wurde als Koalitionspartner der CDU von der FDP abgelöst.
Parteikonvent tagt
Schon vor der Bundestagswahl am letzten Sonntag hatte Parteichef Sigmar Gabriel die Einberufung des Konvents für diesen Freitag angekündigt. Der Parteikonvent ist das höchste Entscheidungsgremium zwischen den Parteitagen. 250 stimmberechtigte und beratende Delegierte werden über das weitere Vorgehen beraten und entscheiden. Auch das schlechte Wahlergebnis der SPD, das zweitschlechteste ihrer Geschichte, wird Gegenstand der Gespräche im Willy-Brandt-Haus sein. Vor dem Konvent tagt der Parteivorstand in Berlin.
Möglicherweise wird der Parteikonvent, der nach den Statuten der SPD mindestens einmal im Jahr tagen soll, in den nächsten Wochen noch öfter zusammenkommen, um über die Gespräche mit der Union zu befinden. In diesem Jahr tagt er bereist zum zweiten Mal.
Erst Gespräche, dann Verhandlungen
"Sondierungen sind keine Koalitionsverhandlungen", betonte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Hubertus Heil. Aber man werde sich Gesprächen nicht verweigern. Dabei gehe es zunächst darum, herauszufinden, ob es überhaupt eine Grundlage für ein Regierungsbündnis gebe. Entscheidend sei, ob die SPD ihre Themen und Inhalte in einer Koalition mit der CDU/CSU umsetzen könne.
Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, sagte, für die SPD seien der gesetzliche Mindestlohn, eine Mietobergrenze, die doppelte Staatsbürgerschaft und die Gleichstellung von Homosexuellen nicht verhandelbare Kernthemen. Er forderte für den Fall einer schwarz-roten Koalition für seine Partei die gleiche Anzahl an Ministern. Außerdem müsse die SPD dann den Finanzminister stellen. Nur so könne man eine Koalition auf Augenhöhe schließen.
Die Mitglieder entscheiden
Die Befragung der 470.000 Mitglieder kann einige Wochen in Anspruch nehmen. Für Mitte November ist ein Bundesparteitag geplant. Er könnte über das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Der bayerische Landesvorsitzende Florian Pronold sagte, wenn die SPD-Mitglieder das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen ablehnten, werde es kein Regierungsbündnis geben.
Ein Mitgliederentscheid ist für die Parteiführung riskant. Sollte die Basis das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen ablehnen, wäre dies ein schwerer Schlag für Sigmar Gabriel und die Spitze der Partei.
Unterdessen erklärte der unterlegene Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Politik. Er strebe kein Amt mehr in der Partei und der Bundestagsfraktion an, sagte Steinbrück nach Angaben von Teilnehmern vor den 200 Delegierten des nicht öffentlichen Parteikonvents. "Meine Karriere wird ein geordnetes Ende finden", wird der 66-Jährige zitiert. Der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Bundesfinanzminister hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, für ein Ministeramt in einer große Koalition nicht zur Verfügung zu stehen.