Weniger Kindergeld für EU-Ausländer verlangt
17. Dezember 2016"Wenn ein Kind nicht bei uns lebt, sondern in seinem Heimatland, dann sollte auch das Kindergeld auf dem Niveau des Heimatlandes ausgezahlt werden": Der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (Artikelfoto) sieht sich da herausgefordert. In bestimmten Fällen müsse einfach das Kindergeld für EU-Ausländer angepasst, sprich gekürzt werden, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Denn: Freizügigkeit dürfe "nicht missbraucht werden, um in Sozialsysteme einzuwandern".
Britisches Modell kopiert
Schon "seit Monaten" warte er auf entsprechende Vorschläge seines Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble von der CDU, der für die Finanzen zuständig ist, zeigte sich Gabriel kritisch. Bereits im Februar hatte sich die große Koalition grundsätzlich darauf verständigt, sich nach britischem Vorbild beim Kindergeld für EU-Ausländer an den oft niedrigeren Lebenshaltungskosten der Heimatstaaten zu orientieren.
Gabriel mühte sich, ein Horrorszenario des Missbrauchs zu zeichnen: In manchen Großstädten Deutschlands gebe es "ganze Straßenzüge mit Schrottimmobilien", in denen Migranten nur wohnten, weil sie für ihre Kinder, die gar nicht in Deutschland lebten, Kindergeld nach deutschen Standards bezögen. Dies entspricht durchaus der derzeitigen Rechtslage. Der Vizekanzler gibt sich da kämpferisch: "Es gibt in Europa ein Recht auf Zuwanderung in Arbeit, aber kein Recht auf Zuwanderung in Sozialsysteme ohne Arbeit."
Meist Polen
EU-Ausländer haben für die Dauer ihres Arbeitsaufenthaltes in Deutschland Anspruch auf Kindergeld - auch wenn der Nachwuchs in einem anderen EU-Land lebt. Vor einem Jahr, im Dezember 2015, erhielten laut Bundesagentur für Arbeit rund 120.000 im Ausland lebende Kinder, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hatten, Kindergeld aus Deutschland. Knapp zur Hälfte waren dies Polen, gefolgt von Franzosen, Rumänen, Tschechen und Ungarn.
Für Gerechtigkeit bei Steuern und Löhnen in der EU
Der SPD-Vorsitzende verlangte zugleich ein entschiedenes Vorgehen der Bundesregierung gegen einen neuen Steuersenkungswettbewerb unter den EU-Ländern und drohte indirekt mit einem Veto bei den EU-Haushaltsverhandlungen. Einige EU-Länder wie Ungarn wollten sich gerade durch Steuersenkungen attraktiver für Unternehmen machen, beklagte Gabriel. "Wenn das Europa ist, dann geht das schief."
"Die Leute bei uns verstehen doch nicht, dass sie mit ihren Steuern Fördermittel für Länder in der EU finanzieren sollen, von denen einige dann mit diesem Geld ihre Unternehmenssteuern senken und so die Verlagerung unserer Arbeitsplätze betreiben - dorthin, wo Löhne und Steuersätze niedriger sind", erläuterte Gabriel. Der Bundeswirtschaftsminister mahnte "dringend mehr Steuergerechtigkeit in Europa" an.
Außerdem müsse die EU auch die soziale Säule stärken, forderte der Sozialdemokrat. "Gleiche Löhne für gleiche Arbeit am gleichen Ort - für dieses Prinzip müssen die Binnenmarktregeln geändert werden."
SC/jj (afp, dpa, KNA)