Spannungen zwischen Malaysia und Nordkorea
23. Februar 2017Malaysia erwägt inzwischen sogar die Ausweisung des nordkoreanischen Botschafters, wie Reuters unter Berufung auf ein hohes Regierungsmitglied meldet. Grund sind die scharfen Äußerungen des Botschafters Kang Chol an die Adresse der malaysischen Regierung. Kang hatte gesagt, dass Nordkorea Malaysia bei der Handhabung des Falles "nicht vertrauen" könne, und warf dessen Regierung vor, sich mit "äußeren Mächten gegen Nordkorea verschworen zu haben", sprich mit Südkorea. Offiziell hat Nordkorea zu der Ermordung Kim Jong Nams nicht Stellung genommen, aber nachdrücklich und bislang vergeblich versucht, eine Autopsie des Leichnams in Kulala Lumpur zu verhindern.
Malaysias Ministerpräsident Najib Razak hatte zunächst auf die Kritik des Botschafters mit den Worten reagiert, dieser habe sich mit seinen "völlig unangemessenen" Äußerungen "als Diplomat unhöflich" geäußert. Die malaysische Polizei hat nach eigenen Angaben insgesamt acht nordkoreanische Männer im Zusammenhang mit der Tat identifiziert, einer befindet sich Polizeigewahrsam. Sie hat inzwischen einen internationalen Haftbefehl gegen vier von ihnen bei Interpol beantragt.
Die malaysischen Behörden würden auch gerne einen nordkoreanischen Botschaftsmitarbeiter, Legationsrat Hyon Kwang Song, und einen Mitarbeiter der nordkoreanischen Fluggesellschaft Air Koryo vernehmen, der sich ebenfalls auf dem Botschaftsgelände befindet und damit gemäß internationalen Konventionen vor Zugriff geschützt ist. Polizeichef Khalid Abu Bakar sagte, man habe beim Botschafter schriftlich um Genehmigung zur Vernehmung der beiden Männer ersucht. "Wir hoffen, dass die koreanischen Botschaft mit uns kooperiert und uns zeitnah eine Vernehmung gewährt. Falls nicht, werden wir sie zwingen, zu uns zu kommen," sagte Bakar gegenüber der Presse, ohne auszuführe, wie das vonstatten gegen soll.
Nordkoreas nützliche Beziehungen zu Malaysia
Der Fall Kim Jong Nam hat somit die bislang wenig beachteten Beziehungen zwischen Malaysia und der ostasiatischen Erbdiktatur ins Rampenlicht gerückt. Seit der Errichtung diplomatischer Beziehungen 1973 haben beide Länder eine engere Zusammenarbeit gepflegt als sonst im Falle des weitgehend isolierten Nordkorea üblich. So hat Malaysia verschiedentlich als diskreter Gastgeber für Gespräche zwischen Diplomaten Nordkoreas und der USA über das nordkoreanische Atomprogramm fungiert.
Beide Länder gewähren ihren Staatsbürgern weitgehend Visumfreiheit für gegenseitige Besuche, und eine kleine nordkoreanische Bevölkerungsgruppe betätigt sich in Malaysia geschäftlich, nicht zuletzt, um dem Regime zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Diese für vor allem Nordkorea vorteilhafte Beziehung gerät jetzt durch den Mord an Kim Jong Nam in Gefahr, einen Mord, hinter dem nach Überzeugung nicht nur Malaysias Pjöngjang steckt.
"Der nordkoreanische Botschafter muss diese abseitigen Statements abgeben, den nur so kann er sich aus Sicht seiner Vorgesetzten in Pjöngjang bewähren", meint Shahriman Lockman vom Forschungsinstitut ISIS in Kuala Lumpur gegenüber der DW. Er glaube nicht an einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen, aber eine Herabstufung der Beziehungen sei wohl unvermeidlich. Das wäre für das weitgehend isolierte Nordkorea ein Rückschlag, denn die guten Beziehungen zu Malaysia hätten den Nordkoreanern Raum gegeben, um zumindest in beschiedenem Maße an Devisen zu gelangen, erläutert Lockman.
Davon abgesehen hätten die meisten seiner Landsleute erst aufgrund der jüngsten Ereignisse mit Erstaunen von der Existenz einer nordkoreanischen Botschaft in Kulala Lumpur erfahren. "Die Nordkoreaner brauchen uns jedenfalls mehr als wir sie", sagt Lockman. Der Handelsaustausch zwischen beiden Seiten lasse sich nur in tausendstel Prozent des malaysischen Außenhandels beziffern.
Wirtschaftliche Hebel Malaysias
Um Nordkorea zu zwingen, bei der Aufklärung des Mordes zu kooperieren, könnte Malaysia also ohne eigene Interessen zu verletzen wirtschaftliche Hebel ansetzen, meint Zchary Abuza vom National war College in Washington. "Zweifellos nutzt Nordkorea malaysische Banken als eine seiner wenigen internationalen Finanzkanäle für Handelsgeschäfte", sagt Abuza gegenüber der DW. Des weiteren sei Malaysia eine wichtige Quelle für die Einfuhr elektronischer und anderer vom Regime in Pjöngjang benötigter Güter. "Insgesamt ist das Handelsvolumen zwar winzig, aber für Nordkorea doch wichtig", meint Abuza. Denkbare Maßnahmen Malaysias wären etwa die Einleitung von Untersuchungen gegen nordkoreanische Unternehmen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten, oder die Beschränkung der Ausgabe von Aufenthaltsgenehmigungen für Nordkoreaner.
Lockman vom ISIS-Institut in Kula Lumpur sagt, dass sich die malaysischen Öffentlichkeit vom ersten Schock nach dem Mord erholt habe und nun zunehmend wütend auf Nordkorea werde, insbesondere nach den Äußerungen des Botschafters. So sei für Donnerstag eine Demonstration der Jugendorganisation der Regierungspartei UMNO vor der nordkoreanischen Botschaft geplant.