Spannungen wachsen vor Bidens China-Reise
29. November 2013Mit großer Spannung wird Bidens Besuch in Ostasien erwartet, der ihn ab diesem Montag (2. Dezember) nach Japan, China und Südkorea führt. Denn nun verleihen die jüngsten Spannungen um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer seiner Reise eine aktuelle politische Brisanz.
Der Auslöser der Streitigkeiten: China und Japan beanspruchen beide die unbewohnten Inseln für sich. Auf der chinesischen Landkarte werden sie als Diaoyu-Inseln bezeichnet, in Japan heißen sie Senkaku. Dort werden riesige Öl- und Gasvorkommen vermutet.
Vergangene Woche hatte China über den umstrittenen Inseln, die von Japan verwaltet werden, eine "Luftüberwachungszone" eingerichtet. Seitdem müssen sich alle Flugzeuge registrieren, sobald sie die durch diese Zone fliegen.
Diese Ankündigung löst große Empörungen in Asien aus. Als Reaktion schickte Japan kurz darauf Kampfflugzeuge Richtung Senkaku um seine territorialen Ansprüche zu demonstrieren. Auch Chinas Luftwaffe fliegt dort Patrouillen.
Am vergangenen Montag (25.11.2013) flogen zwei unbewaffnete B-52 Bomber der US-Airforce unangemeldet durch die Zone. Dies sei eine "lange geplante Übung" gewesen, erklärte Tom Crosson, Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Experten glauben jedoch, dass die USA ihre Interessen in der Pazifik-Region verteidigen wollen und mit dem Überflug die aufstrebende Macht China testen wollen.
Dramatischer Disput
Inzwischen hat China reagiert und Kampfjets zu Überwachungsflügen losgeschickt. Chinas Staatsmedien erhöhen den öffentlichen Druck und fordern bei einem Verstoß gegen die neuen Flugüberwachungs-Richtlinien "unverzügliche Gegenmaßnahmen". Solche Spannung hat es in Ostasien in den letzten zwei Jahrzehnten nicht gegeben. Sie entwickeln sich nun zu einem dramatischen Disput von internationaler Bedeutung.
"Wir sollten die Tragweite dieser Angelegenheit nicht unterschätzen ", sagt Thomas König, China-Koordinator am Forschungsinstitut "European Council on Foreign Relations". "Durch dem Überflug der US-Bomber geraten China und die USA in dieser Region zum ersten Mal militärisch aneinander. China versteht sich als Regionalmacht und die Regierung möchte testen, wie weit sie gehen kann. So etwas hat sie bisher nie getan."
König glaubt, der Schritt Pekings beruhe auf einer Fehlkalkulation. Die USA hätten nicht mit einem solchen Schritt Chinas gerechnet, das sich in der Regel diplomatischer verhalte. "Ich war auch sehr überrascht, weil die USA immer behauptet hatten, der Streit um Senkaku sei eine regionale Angelegenheit. Ich denke, die USA haben richtig reagiert, denn die Einrichtung dieser Zone könnte als Herausforderung für die amerikanischen Interessen in der Region betrachtet werden. Aber der Schritt, Bomber zu schicken, ist zugleich auch unverantwortlich, denn jemand hätte sie abschießen können."
Gleichzeitig ist Königs Kritik an China vernichtend. "Peking weiß nicht so richtig, was es mit der Luftüberwachungszone eigentlich will", sagt er, "ich denke, die Idee ist nicht ausgereift und sie wird nach hinten losgehen."
Der Streit um die Inseln wird nun nicht mehr nur auf dem Meer ausgetragen, sondern auch in der Luft. "China würde sagen, dass die Einrichtung einer Luftüberwachungszone eine Selbstverständlichkeit ist", glaubt Rod Wye, China-Experte am britischen Think-Tank "Chatham House", "denn viele andere Länder in der Region haben längst dasselbe getan."
US-Interessen in der Asien-Pazifik Region
Hinter all diesem Kräftemessen verstecken sich die neu entdeckten Interessen der USA in der Asien-Pazifik-Region. Diese werden durch das Verteidigungsbündnis der Amerikaner mit Japan noch komplizierter. Wenn sich die Konflikte zwischen Japan und China weiter zuspitzen sollten, würden auch die USA mittelbar involviert. "In China herrscht nach wie vor der Verdacht, dass die USA China umzingeln wollen. Die USA betrachten ihrerseits Chinas Bestrebungen in der Asien-Pazifik-Region mit Misstrauen", sagt Wye.
Gleichzeitig haben beide Länder jedoch auch großes Interesse an nachhaltigen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. "In dieser etwas schizophrenen Beziehung ist sich keine der Parteien im Klaren, welche Position sie letztlich vertritt", sagt Wye. "Es existieren anhaltende Spannungen darüber, welches der beiden Länder demnächst wirtschaftlich und militärisch stärker ist, und wie das Machtverhältnis langfristig gestaltet wird. Im Moment ist das Thema sehr komplex und voller Brisanz."