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Spanien: Wirtschaftsboom und Wohltaten

Ralph Schulze Madrid
6. Februar 2023

Jüngste Zahlen des Statistikamts in Madrid zeigen: Satte 5,5 Prozent legte die spanische Wirtschaft im vergangenen Jahr zu. Damit steht das südeuropäische Land besser da als die meisten nordeuropäischen Staaten.

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Straßenrenovierung in Valencia - Ein Mann mit Mundschutz arbeitet an einer Straßenrenovierung in Valencia
Straßenrenovierung in ValenciaBild: Rober Solsona/Europa Press/dpa/picture alliance

Die Touristen sind nach der Pandemie - und trotz Ukrainekrieg und Energiekrise - in Massen zurückgekommen: Mallorca, die meistbesuchte europäische Ferieninsel, war in der vergangenen Hochsaison so gut wie ausgebucht. Auch auf den frühlingshaften Kanaren, Europas beliebtestem Winterziel, ist es wieder voll. Der Bau von Ferienwohnungen an Spaniens Küsten boomt ebenfalls wieder. Überall im Land zeugt ein Meer von Baukränen davon, dass Spaniens Wirtschaftsmotor auf Hochtouren läuft.

Um 5,5 Prozent legte die spanische Wirtschaft im vergangenen Jahr zu. Damit steht das südeuropäische Land besser da als die meisten nordeuropäischen Staaten, von denen viele neidisch Richtung Pyrenäen schauen. Es ist das größte Konjunkturplus, das in Spanien seit 20 Jahren registriert wurde - Tourismus und Bauindustrie sind die Lokomotiven. In Deutschland wurde das Wachstum in 2022 auf 1,9 Prozent geschätzt, in der gesamten Eurozone auf 3,5 Prozent.

Wieder gut gebucht: Hotels und Ferienwohnungen in Spanien, hier an der Palya de Palma auf Mallorca
Wieder gut gebucht: Hotels und Ferienwohnungen in Spanien, hier an der Palya de Palma auf Mallorca Bild: Augst/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Stolzer Premier 

Sogar Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez war positiv überrascht, als die neusten Daten für das Jahr 2022 bekannt wurden, das durch Russlands Angriff auf die Ukraine und durch die nachfolgende Energiekrise schwer belastet wurde. Für 2023 und 2024 sagt der Internationale Währungsfonds (IWF) den Spaniern ebenfalls ein überdurchschnittliches Wachstum voraus. "Unser Land kommt besser durch die Krise als die Staaten in unserer Umgebung", sagt Sánchez nicht ohne Stolz.

Und zwar nicht nur in Sachen Wachstum, das dafür sorgt, dass die Arbeitslosigkeit in Spanien auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren sank - obwohl sie mit heute 13 Prozent immer noch erschreckend hoch ist (Deutschland 5,7 Prozent, EU-Durchschnitt 6,1). Auch bei der Inflationsbekämpfung leistet Spanien Erstaunliches: Im Dezember 2022 lag die Preissteigerung nur noch bei 5,5 Prozent - in der gesamten EU befand sich die Rate bei 10,4 Prozent. Im Januar, in der die Inflation in der Eurozone auf 8,5 Prozent sank, gehörte Spanien hinsichtlich der Preiszügelung weiter zu den Musterknaben.

Spaniens Premier Pedro Sanchez, hier mit Bundeskanzler Scholz in La Coruña
Spaniens Premier Pedro Sanchez, hier mit Bundeskanzler Scholz in La Coruña (5.10. 2022) Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Was ist das Erfolgsrezept?  

Wie haben es die Spanier geschafft, die Inflationsspirale, die im vergangenen Sommer auch im spanischen Königreich zehn Prozent erreichte, herunterzudrehen? Antwort: Vor allem mit staatlichen Eingriffen im Lebensmittel-, Miet- und Energiemarkt - jene Ausgabenbereiche, die bei den Verbrauchern die größten Löcher in Geldbörsen und auf Bankkonten verursachen.

Besonders Spaniens Strompreisbremse macht Schule: Die EU einigte sich, nach den guten Erfahrungen in Spanien, im Dezember ebenfalls auf eine Deckelung. Spanien führte diesen Mechanismus bereits im Sommer 2022 ein und gehört heute zu jenen EU-Ländern mit dem niedrigsten Strompreis. Diese Deckelung sieht vor, dass der Großmarktpreis für jenes Gas, das von den spanischen Kraftwerksbetreibern zur Stromerzeugung verbrannt wird, per Gesetz limitiert wird. Da die Kosten des zur Stromerzeugung benutzten Gases erheblichen Einfluss auf die Preisbildung haben, sanken nach Einführung des Deckels die Stromtarife spürbar.

Auch bei den Wohnungsmieten baute Spaniens Regierung eine Bremse ein, die nun gleichfalls europaweit diskutiert wird. Damit wurde die jährliche Erhöhung der Wohnungsmieten auf maximal zwei Prozent begrenzt. Bis dahin durfte in Spanien die Miete entsprechend der Preissteigerungsrate angehoben werden, was viele Wohnungsmieter in Bedrängnis brachte.

Alles gut in Spanien? Diese Menschen demonstrieren gegen die Regierung Sanchez und gegen deren Pläne, Bündnisse mit Separatisten in Katalonien und anderen Regionen einzugehen.
Alles gut in Spanien? Diese Menschen demonstrieren gegen die Regierung Sanchez und gegen deren Pläne, Bündnisse mit Separatisten in Katalonien und anderen Regionen einzugehen.Bild: Burak Akbulut/AA/picture alliance

Der Preis: 45 Milliarden Euro 

Anfang 2023 folgte ein zusätzlicher Schritt, um die Bürger vor den Folgen der Inflationskrise zu schützen: Bei Grundnahrungsmitteln wurde die Mehrwertsteuer eliminiert. Brot, Mehl, Milch, Eier, Käse, Früchte, Gemüse und Getreideprodukte wurden dadurch billiger. Die massive staatliche Subvention des öffentlichen Nahverkehrs half ebenfalls bei der Senkung der Inflationsrate: Ein Null-Euro-Ticket für S-Bahnen wurde eingeführt, Bahn- und Bus-Abos wurden landesweit um 50 Prozent billiger. Auf Mallorca und auf den Kanaren ist sogar der gesamte Nahverkehr für die Inselbewohner kostenlos.

"Wir haben 45 Milliarden Euro mobilisiert", berichtete Sánchez dieser Tage im spanischen Parlament. Für Krisenpakete, die vor allem den Familien, aber auch Unternehmen zugutekommen. Bei der Finanzierung hilft, dass angesichts der blühenden Wirtschaft - aber auch als Nebeneffekt der allgemeinen Preissteigerung - die Steuereinnahmen sprudeln und sich auf Rekordhöhe befinden.

Um die Krisensonderausgaben abzufedern, beschloss Sánchez‘ Mitte-Links-Regierung aus Sozialdemokraten und der Linkspartei Podemos zudem eine befristete Solidaritätsabgabe für Banken, Energiekonzerne und Multimillionäre. Sánchez: "Es muss eine gerechte Verteilung der Lasten geben."