SPÖ bleibt stärkste Kraft in Wien
11. Oktober 2015Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die Freiheitliche Partei (FPÖ) bei der Landtagswahl in Wien auf 32,3 Prozent der Stimmen. Damit haben die Rechtspopulisten 6,5 Prozentpunkte hinzugewonnen und ihr historisch bestes Ergebnis in der Hauptstadt Österreichs erzielt. Ihr Ziel, stärkste Kraft in Wien zu werden und mit Parteichef Karl-Heinz Strache den Bürgermeister zu stellen, verfehlten sie jedoch deutlich. Strache hatte in der Asyl-Debatte ausländerkritische Töne angeschlagen und die Ängste der Bevölkerung vor einer Überfremdung geschürt.
Stattdessen wird erwartet, dass der sozialdemokratische Amtsinhaber Michael Häupl (Artikelbild) eine Koalition bildet. Häupl steht seit 21 Jahren an der Spitze der Hauptstadt, die zugleich Bundesland ist. Seine SPÖ bleibt nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 39,4 Prozent stärkste Kraft. Gleichwohl büßten sie 4,9 Prozentpunkte ein. Drittstärkste Kraft wurden die Grünen mit 11,1 Prozent, 1,5 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl vor fünf Jahren. Die konservative Volkspartei (ÖVP), die auf Bundesebene mit der SPÖ koaliert, rutschte laut den Hochrechnungen erstmals unter die Zehn-Prozent-Marke und fiel auf 8,7 Prozent. Die erstmals angetretenen liberalen Neos kamen auf knapp sechs Prozent. Damit hätte die rot-grüne Koalition, die seit 2010 regiert, eine Mehrheit von 53 Sitzen unter den 100 Abgeordneten im Wiener Landtag. Die Stimmen der Briefwähler werden erst am Montag ausgezählt.
In Wien waren rund 1,1 Millionen Menschen zur Wahl eines neuen Landesparlaments aufgerufen. Das Votum gilt als Stimmungstest in der Flüchtlingsfrage. Die SPÖ steht seit 70 Jahren an der Spitze der österreichischen Hauptstadt. Häupl hatte 2010 die erste rot-grüne Landesregierung in Österreich gebildet.
Toleranter Kurs in der Flüchtlingsfrage
Strittiges Thema im diesjährigen Wahlkampf war die Flüchtlingskrise. Das Land ist ähnlich wie Deutschland stark vom Flüchtlingsstrom betroffen. Täglich kommen rund 6000 Migranten über die ungarische Grenze in die Alpenrepublik. Die meisten von ihnen wollen nach Deutschland weiterreisen. Die rot-grüne Landesregierung verfolgt in der Flüchtlingsfrage einen toleranten Kurs und Häupl hatte eine starke Gegenposition zu Strache bezogen. Umfragen vor der Wahl hatten einen knapperen Abstand zwischen SPÖ und FPÖ vorausgesagt. Bei den drei bisherigen Landtagswahlen in der Steiermark, im Burgenland und in Oberösterreich hatte die FPÖ riesige Gewinne verbucht und ihren Stimmenanteil teils verdoppelt.
uh/pg (rtr,dpa)