1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sorge um Kobane und die Kurden

8. Oktober 2014

Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Das syrische Kobane an der Grenze zur Türkei dürfte bald in der Gewalt der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) sein. Der türkische Präsident ist ebenso alarmiert wie die Kurden.

https://p.dw.com/p/1DRq3
Kobane IS Kämpfe Syrien Kurden Flüchtlinge Terrorismus
Bild: Reuters/Umit Bektas

Trotz der Luftangriffe der USA und der arabischen Verbündeten und einer massiven Gegenwehr kurdischer Kämpfer rückten die IS-Milizen weiter in die strategisch wichtige Stadt an der Grenze zur Türkei ein. Jenseits der Grenze beobachteten türkische Truppen das Geschehen - doch es sieht derzeit nicht danach aus, als ob sie eingreifen werden.

"Kobane ist dabei zu fallen", sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor syrischen Flüchtlingen. Die Luftunterstützung für die kurdischen Verteidiger reiche nicht aus. "Nur durch Luftangriffe können Sie diesem Terror kein Ende setzen", zitiert die Nachrichtenagentur Anadolu den Staatschef. Erdogan forderte erneut eine Flugverbotszone in Syrien. Gemäßigte Kämpfer der Opposition müssten gestärkt werden. Diese Forderungen richten sich allerdings kaum gegen den IS, der keine Luftwaffe besitzt, sondern eher gegen die - vom IS bekämpfte - syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Kontrolle über den Grenzstreifen

Zuvor hatten IS-Kämpfer laut syrischen und kurdischen Aktivisten mindestens drei östliche Stadtteile von Kobane eingenommen. Sollten die Dschihadisten die ganze Stadt erobern, hätten sie einen langen, durchgängigen Grenzstreifen zum Nato-Land Türkei unter Kontrolle. Die Terrormiliz beherrscht bereits jetzt weite Landstriche in Syrien und im Irak.

Das türkische Parlament hatte der Regierung in Ankara vergangene Woche das Mandat erteilt, militärisch gegen Terrorgruppen in Syrien und im Irak vorzugehen. Das richtet sich nicht ausdrücklich gegen den IS, sondern auch gegen kurdische Gruppen wie die PKK, die von der Türkei als terroristisch eingestuft werden. Bislang griffen die an der Grenze stationierten türkischen Truppen nicht in die Kämpfe ein.

Karte: IS-Vormarsch an der türkischen Grenze

Nach Angaben der syrischen Menschenrechtsbeobachter wurden seit Beginn der IS-Offensive vor drei Wochen mehr als 400 Menschen getötet - zumeist Kämpfer beider Seiten. Kobane ist die letzte Bastion in einer Enklave, die bisher von den kurdischen Einheiten kontrolliert wurde. 185.000 Menschen flohen wegen der Kämpfe in die Türkei.

"Wir alle werden es zutiefst bereuen"

Der UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura rief die Weltgemeinschaft zur Hilfe bei der Verteidigung Kobanes auf. "Wir alle werden es zutiefst bereuen, wenn der IS in der Lage ist, eine Stadt zu übernehmen, die sich selbst mit so viel Tapferkeit verteidigt hat, das aber bald nicht mehr kann. Wir müssen jetzt handeln", sagte de Mistura. Derweil wurden ein Franziskaner-Pater und mehrere Christen einer Gemeinde in Syrien von der radikal-islamischen Al-Nusra-Front entführt.

Kurden demonstrieren in Brüssel
Kurden demonstrieren vor dem Europäischen Parlament in BrüsselBild: REUTERS/Y. Herman

Angesichts der verzweifelten Lage in Kobane gingen in Europa Tausende Menschen auf die Straßen. Protestaktionen gab es unter anderem in Den Haag, Brüssel, Paris, Straßburg, Basel und Wien sowie in Berlin und Hamburg. Bei Solidaritäskundgebungen in der Türkei gab es an verschiedenen Orten Ausschreitungen. Nach Medienangaben wurden dabei sogar mehrere Menschen getötet. Ein einigen Meldungen ist sogar von zwölf Toten die Rede. Wie die Zeitung "Hürriyet" weiter schrieb, seien zudem zahlreiche Menschen verletzt worden. In mehreren türkischen Provinzen sei eine Ausgangssperre verhängt worden. In Ankara habe die Polizei gegen Demonstranten Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt.

ml/re (dpa,rtr,afp)