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Sonderfonds für Aufständische in Libyen

4. Mai 2011

Bei den wochenlangen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen ist keine Entscheidung in Sicht. Deswegen will die Libyen-Kontaktgruppe einen Sonderfonds zur finanziellen Stärkung der Aufständischen einrichten.

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Gruppenfoto der Libyen-Kontaktgruppe mit Italiens Außenminister Franco Frattini (6.v.l.) (Foto: AP)
Die Libyen-Kontaktgruppe berät in RomBild: AP

Die Lage in Libyen bleibt angespannt. In den wochenlangen Kämpfen zwischen den Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi und den Aufständischen melden beide Seiten zwar immer wieder Erfolge. Doch an der Gesamtsituation ändert sich wenig. Die Zivilbevölkerung leidet mit jedem weiteren Tag stärker unter den Kämpfen, die Versorgungslage wird immer schlechter. Obwohl die NATO Stellungen und Gebäude des Regimes bombadiert, kommen die Aufständischen nicht zu entscheidenden militärischen Erfolgen. Ihnen fehlen in dem Kampf gegen das Regime die notwendigen Gelder.

Das hat die Libyen-Kontaktgruppe nun dazu bewogen, einen Sonderfonds zur finanzielle Unterstützung der Rebellen einzurichten. Dies gab der italienische Außenminister Franco Frattini direkt zu Beginn des jüngsten Treffens der Gruppe am Donnerstag (05.05.2011) in Rom bekannt. Zuvor hatte bereits NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen betont, "es wäre hilfreich, wenn die Rebellen über eine ausreichende Finanzierung verfügen würden." Er "befürworte alle notwendigen Maßnahmen, um zum Schutz der Zivilisten in Libyen den höchstmöglichen Druck auf das Gaddafi-Regime auszuüben", sagte Ramussen in Brüssel.

Rebellen wollen drei Milliarden Dollar Vorschuss

Der Kontaktgruppe gehören neben Mitgliedern des Militärbündnisses auch Nicht-NATO-Staaten an, die sich am Einsatz gegen Gaddafi beteiligen - insgesamt 40 Länder und internationale Organisationen. Der Übergangsrat der libyschen Rebellen will in Rom um einen Vorschuss in Höhe von drei Milliarden Dollar für künftige Öllieferungen bitten. Das Emirat Katar hatte den Aufständischen angeboten, ihnen bei der Vermarktung des libyschen Öls zu helfen. Allerdings gibt es in der internationalen Gemeinschaft Bedenken im Hinblick auf die Eigentumsrechte für das Öl. Ein europäischer Diplomat sprach gegenüber Journalisten von "rechtlichen Unsicherheiten".

Rebellen in der umkämpften Stadt Misrata (Foto: AP)
Seit Wochen unter Beschuss: die Stadt Misrata und ihre BewohnerBild: AP

Chefankläger: Gaddafi begeht Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Der Chefankläger des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, Luis Moreno-Ocampo, prangerte an, das Regime Gaddafis greife die Zivilbevölkerung "umfassend und systematisch" an. Dabei begehe es Morde und andere Taten, die unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit fielen, sagte Moreno-Ocampo vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.

Gaddafi, seine Söhne und andere Vertreter könnten vom Internationalen Gericht belangt werden, wenn der Weltsicherheitsrat das Haager Tribunal explizit mit der juristischen Aufarbeitung ihrer mutmaßlichen Verbrechen beauftragt. Dass Libyen das Gründungsdokument des Internationalen Gerichtshofs nicht unterzeichnet hat, spielt dabei keine Rolle.

"NATO-Einsatz macht Fortschritte"

Gaddafi in einem Fernsehinterview Mitte März (Foto: dapd)
Gaddafi könnte vor das Tribunal in Den Haag gebracht werdenBild: AP/RTP TV

Rasmussen hatte in Brüssel nochmals Vorwürfe zurückgewiesen, die NATO versuche gezielt, Gaddafi zu töten. "Wir haben militärische Fähigkeiten zum Ziel, und ich habe volles Vertrauen in die Fähigkeit unserer militärischen Führung, legitime militärische Ziele zu identifizieren", so der Generalsekretär der Allianz. Es sei aber "schwer, sich vorzustellen, dass die Angriffe auf Zivilisten aufhören, solange Gaddafi an der Macht ist".

Schiff holt fast 900 Menschen aus Mirata raus

Gastarbeiter warten in Misrata auf ihre Evakuierung (Foto: AP)
Gastarbeiter warten in Misrata auf ihre RettungBild: AP

Aus der belagerten Hafenstadt Misrata konnten internationale Helfer am Mittwoch trotz heftigen Beschusses durch die Gaddafi-Truppen fast 900 Menschen mit einem Schiff in Sicherheit bringen. An Bord befänden sich rund 800 ausländische Arbeiter, etwa 50 verletzte Bewohner aus Misrata sowie internationale Ärzte und Journalisten, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf mit. Das Schiff nahm Kurs auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Bengasi im Osten Libyens.

Die NATO hatte die Einfahrt des Schiffes in den Hafen zunächst nicht freigegeben, weil libysche Regierungstruppen Seeminen vor Misrata ausgelegt hätten, erklärte die IOM. So mussten die Menschen mehrere Tage lang auf ihre Ausreise warten. Der Seeweg ist der einzige Zugang zu der belagerten Stadt.

Libysche Waffen an Al Kaida verkauft?

Die Regierung in Frankreich, die an dem NATO-Einsatz in Libyen maßgeblich beteiligt ist, warnte am Mittwoch, dass libysche Waffen in die Hände von Terroristen gelangten. Nach Regierungsangaben gibt es Beweise dafür, dass Waffen aus Libyen in südliche Nachbarländer gelangt sind, in denen Al-Kaida-Terroristen aktiv sind.

Innenminister Claude Gueant sagte, die Waffen seien nach Mali und in andere Länder der südlich gelegenen Sahelzone gebracht worden, in der die Al Kaida im Islamischen Maghreb kämpfe. Einige der Waffen seien möglicherweise an Terroristen verkauft worden. Es soll sich um Sturmgewehre, Raketen und Raketenwerfer aus Lagern der libyschen Streitkräfte handeln. Fraglich ist, wie sie dorthin gelangten. Es wird darüber spekuliert, ob sie gestohlen, von libyschen Soldaten verkauft oder nach Luftangriffen der NATO in militärischen Einrichtungen eingesammelt wurden.

Autoren: Stephan Stickelmann / Ursula Kissel (dapd, dpa, afp, rtr)
Redaktion: Marion Linnenbrink