Treffen erneut vertagt
15. Juli 2007Der somalische Präsident Abdullahi Yusuf erklärte in der Hauptstadt Mogadischu, die Konferenz werde dennoch als die erste ihrer Art in die Geschichte des Landes eingehen. Die Tagung soll nun am Donnerstag (15.7.2007) beginnen. Bereits am Samstag waren in Mogadischu die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden. Angesichts von Drohungen von Islamisten patrouillierten somalische und äthiopische Sicherheitskräfte in den Straßen, Dutzende Kontrollposten wurden eingerichtet. Die Shabab, der militante Flügel der Islamisten, die im vergangenen Jahr weite Teile Südsomalias für sechs Monate unter ihre Kontrolle brachten, bezeichneten die geplante Konferenz als Verschwörung gegen das somalische Volk.
Trotz der Drohungen gab sich die somalische Regierung im Vorfeld betont entspannt. Abdi Haji Gobdon, der joviale Sprecher der somalischen Regierung, sagt, die Sicherheitskräfte seien Herr der Lage. "Alles ist vorbereitet – die Hotels, der Transport (für die Delegierten) – die Sicherheitskräfte haben alles unter Kontrolle. Die Lage ist ruhig und die Konferenz wird stattfinden."
Verschoben aus Sicherheitsgründen
Zwei Mal war das Treffen, zu dem auch Beobachter der internationalen Gemeinschaft nach Mogadischu gereist sind, von dem ursprünglich geplanten Termin im März verschoben wurde – aus Sicherheitsgründen, aber auch, weil sich der in Mogadischu Ton angebende und für die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit unverzichtbare Clan der Hawiye nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen konnte. Zudem weigerte sich die Übergangsregierung lange Zeit, missliebige Elemente wie etwa den geschassten früheren Parlamentssprecher sowie moderate Vertreter der so genannten Scharia-Gerichtshöfe einzubeziehen, wie dies die internationale Gemeinschaft forderte.
Bis unmittelbar vor Beginn der Konferenz habe sich an dieser grundlegenden Problematik wenig geändert, sagt Annette Weber, Horn-von-Afrika-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Die Politikwissenschaftlerin ist kürzlich von einer Reise aus der Region zurückgekehrt. Dabei hat sie einmal mehr erfahren, dass der vermeintliche Somalia-Konflikt, der seit dem Ende des Siad-Barre-Regimes 1991 eskaliert, längst eine Regionalkrise am geostrategisch so wichtigen Horn ist. Im vergangenen Sommer waren bis zu elf Länder davon betroffen. "Mein Eindruck war, dass die Länder sehr auf sich konzentriert sind, im höchsten Fall Allianzen mit anderen schließen, um Drittländer, also andere Länder zu destabilisieren", sagt Weber. Was sie nicht gefunden habe, sei ein Wille, die Region als Ganzes zu sehen und die Region zu stabilisieren. Und das nicht nur in den Ländern, also bei den Regierungen, sondern bei der internationalen Gemeinschaft.
EU will helfen
Diese "internationale Gemeinschaft" tritt in Somalia in diesen Tagen in erster Linie in Gestalt der Europäischen Union auf den Plan: 15 Millionen Euro hat Brüssel an Hilfsgeldern zugesagt, 200.000 sind für die Ausrichtung der Konferenz überwiesen worden. Pünktlich hat Brüssel mit dem Afrika-erfahrenen Belgier Georges-Marc Andre einen Sondergesandten für Somalia bestallt, nachdem EU-Entwicklungskommissar Louis Michel dieses Amt zuvor selbst bekleidet und sich wenig Freunde in Somalia gemacht hatte. Entsprechend vorsichtig manövrierte der neue Mann nach seinem Antrittsbesuch in Mogadischu zu Wochenbeginn: "Wir müssen sicherstellen, dass die Konferenz allen Seiten offen steht – diese Nachricht haben wir immer wieder ausgesandt, und sie ist zumindest von denen, mit denen ich zusammen getroffen bin, gut angenommen worden", sagte Michel. Er habe sich außerdem dafür eingesetzt, die Somalier, die zurzeit im Ausland leben, mit einzubinden. "Ich glaube, dass es nun einen Willen gibt, in die richtige Richtung zu gehen - und dabei will die Europäische Kommission die Regierung unterstützen", versichert der EU-Entwicklungskommissar.
Über die Bereitschaft der Übergangsregierung, sich auf eine breitere politische Basis zu stellen und mit Akteuren der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, herrscht geteilte Meinung. Abdulrashid Heider ist der Generalsekretär der somalischen Journalistengewerkschaft NUSOJ. In den vergangenen Wochen musste er immer wieder mit ansehen, wie unabhängige Medienhäuser von den Sicherheitskräften gestürmt und Kollegen verhaftet wurden. Zuletzt traf es einmal mehr den beliebten und kritischen Radiosender "Shabelle" in Mogadischu. "Die Journalisten haben Angst und fragen sich, wie sie ihrer Arbeit unbelästigt nachgehen können. Wir versuchen, mit der Regierung und den Sicherheitsorganen einen Dialog zu führen darüber, wie die Medien unabhängig berichten können", sagt er. Es habe vor diesem letzten Übergriff viele andere gegeben. Auf "Shabelle", aber auch auf "HornAfrik" oder "Holy Koran Radio". "Wir Journalisten machen uns Sorgen um die Pressefreiheit".
Skepsis vor der Konferenz
Gelingt der ursprünglich auf zwei Monate angelegten Versammlung nicht zumindest ein erster Schritt hin zu nationaler Versöhnung, dann wird es dunkel am Horn, zumal die "Irakisierung" des Landes mit beinahe täglichen Anschlägen voranschreitet.
Die Lage-Einschätzung der Somalia-Expertin Weber für die Konferenz fällt jedenfalls wenig positiv aus: "Es scheint nicht so zu sein, dass es Konsens in Somalia gibt, dass jetzt auch wirklich eine Stabilisierung passieren muss, dass jetzt das Land auch wirklich regiert werden muss", sagt die Politologin.