1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Yusuf tritt zurück

29. Dezember 2008

Nach wochenlangem Machtkampf hat der somalische Präsident Abdullahi Yusuf sein Amt aufgegeben - nur wenige Tage nach Regierungschef Guled. Yusuf gab der internationalen Gemeinschaft eine Mitschuld am Elend des Landes.

https://p.dw.com/p/GOjz
Somalias zurückgetretener Präsident Abdullahi Yusuf (Foto: AP)
Im Friedenskampf gescheitert: Abdullahi YusufBild: AP

Er sei damit gescheitert, in seinem Land Frieden und Stabilität zu schaffen, sagte Yusuf am Montag (29.12.2008) vor dem Übergangsparlament in Baidoa zur Begründung. Bereits am vergangenen Mittwoch war der vom Präsidenten eigenmächtig eingesetzte Regierungschef Mohamed Mohamud Guled unter dem Druck des Parlaments zurückgetreten.

"Ich habe bei meiner Wahl vor vier Jahren versprochen, dass ich zurücktrete, wenn ich meine Pflicht nicht erfülle", sagte Yusuf in einer Rede, die im Radio gesendet wurde. "Ich gebe jetzt die Aufgabe zurück, die mir übertragen wurde", fügte der 74-Jährige hinzu, der zuletzt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Verfassungsgemäß übernehme nun vorerst Parlamentspräsident Aden Mohamed Nur die Führung des Staates. Das Parlament hat nun 30 Tage Zeit, einen neuen Staatschef zu wählen.

Zu wenig Geld für Soldaten

Yusuf gab der internationalen Gemeinschaft eine Mitschuld am Elend in Somalia. Sie habe ihr Versprechen, die Hilfe für das ostafrikanische Land auszuweiten, nicht eingelöst. Daher habe die Regierung die Armee nicht ausreichend ausrüsten und die Soldaten nicht bezahlen können, kritisierte er. Die Armee sei auseinandergefallen und habe das Land nicht gegen die islamistischen Rebellen verteidigen können.

Parlamentspräsident Nur bezeichnete Yusufs Rücktritt als "mutigen Schritt" im Sinne der somalischen Übergangsverfassung. Der Friedens- und Sicherheitskommissar der Afrikanischen Union, Ramtane Lamamra, warnte vor einem Machtvakuum im Land. Yusuf, ein ehemaliger Warlord, stand seit Oktober 2004 an der Spitze des Bürgerkriegslandes am Horn von Afrika, in dem sich ehemalige Kriegsherren, rivalisierende Clans und Islamisten in erbitterten Konflikten gegenüberstehen.

Streit über Umgang mit Islamisten

Somalische Regierungssoldaten mit Fahrzeug (Foto: AP)
Somalische Soldaten - laut Yusuf schlecht ausgerüstet und unterbezahltBild: AP

Vor zwei Wochen hatte Yusuf gegen den Widerstand des Parlaments Guled zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Dem vorherigen Regierungschef Nur Hassan Hussein und dessen Kabinett hatte er Unfähigkeit vorgeworfen und sie entlassen. Das Übergangsparlament jedoch hatte gegen diese Entscheidung heftig protestiert; Guled sah sich wenige Tage nach seiner Ernennung zum Rücktritt gezwungen.

Yusuf hatte sich mit Ex-Regierungschef Hussein wochenlang über den Umgang mit den Islamisten im Land gestritten. Hussein warf dem Präsidenten vor, das im Oktober unter UN-Vermittlung geschlossene Waffenstillstandsabkommen mit den Islamisten zu untergraben. Die islamistischen Rebellen nutzten die Krise, um ihre Macht auszudehen, die Friedensgespräche gerieten ins Stocken.

Erbitterte Kämpfe

Vermummte somalische Islamisten bei Militärübung (Foto: AP)
Somalische Islamisten bei einer MilitärübungBild: AP

Seit 2006 hat sich die Sicherheitslage in Somalia zunehmend verschärft. Damals marschierten äthiopische Truppen in das ostafrikanische Land ein, um die schwache Übergangsregierung im Kampf gegen die islamistischen Milizen zu unterstützen. Die Rebellen führen einen Guerillakrieg gegen die Regierungstruppen und griffen wiederholt auch in Somalia stationierte Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) an.

Bei Selbstmordanschlägen wurden zahlreiche Menschen ermordet. Insgesamt wurden in dem Bürgerkrieg bisher mehr als 10.000 Zivilisten getötet. Das Land gilt auch als wichtiges Rekrutierungsgebiet internationaler islamistischer Terrorgruppen.

Armut, Chaos, Katastrophen

Somalia liegt politisch und wirtschaftlich am Boden. Das 1960 in die Unabhängigkeit entlassene Land mit heute rund neun Millionen Einwohnern ist bitterarm. Seit dem Sturz des Diktators Siad Barre 1991 gibt es in dem Land, das rund doppelt so groß wie Deutschland ist, keine funktionierende Zentralregierung. Die Gesetzlosigkeit nutzen an der Küste somalische Piraten, um in den Gewässern am Horn von Afrika Handelsschiffe zu kapern und Lösegelder zu erpressen.

Der Alltag der wiederholt von Dürren und Flutkatastrophen heimgesuchten Menschen ist von einem langjährigen Bürgerkrieg zwischen rivalisierenden Clans geprägt. Zudem ist das Land seit der Abspaltung der Regionen Somaliland (1991) und Puntland (1998) praktisch dreigeteilt. (gri)