1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Sollten "Fake News" verboten werden?

Maximiliane Koschyk | Lewis Sanders IV
9. Januar 2017

Fake News sind ein Problem, bestätigen Wissenschaftler. Sie müssen bekämpft werden, fordern Politiker. Das ist Zensur, kritisieren Digitalrechtler. Wie soll das überhaupt gehen, fragen Netzwerkbetreiber. Ein Überblick.

https://p.dw.com/p/2VPnP
Schüsse in Pizzeria Comet Ping Pong
#pizzagate: Wegen einer Falschmeldung schoß ein Mann in der Pizzeria "Comet Ping Pong" in den USA um sichBild: Getty Images/AFP/N. Kamm

Die Experten:

Psychologen, die untersucht haben, wie lange verfälschte Nachrichten in der Gesellschaft zirkulieren, sind sich weitgehend einig: "Fake News können besorgniserregende Auswirkungen auf eine Demokratie haben", schreibt Stephan Lewandowsky, der Leiter der 2012 veröffentlichten Studie. Auf gesellschaftlicher Ebene könne eine anhaltende Desinformation den Wissenschaftlern zufolge ernsthafte Probleme schaffen. "Auf internationaler Ebene bremsen Fehlinformationen aktuell Maßnahmen gegen den Klimawandel aus", berichtet Lewandowsky. Vor allem junge Menschen haben große Probleme, Fake News als solche zu identifizieren, fanden Wissenschaftler der Universität Stanford heraus. "Man meint, weil junge Menschen sehr sicher sind im Umgang mit sozialen Medien, sind sie sehr scharfsinnig dem gegenüber, was sie dort sehen", berichtet der Leiter der Studie, Sam Wineburg. "Das Gegenteil ist der Fall." Gründliche Recherche und kritischer Umgang mit Quellen - vor allem im Internet - sollte stärker in den Lehrplan eingebunden werden, fordern die Wissenschaftler. 

Facebook  CEO Mark Zuckerberg
Facebook-CEO Mark Zuckerberg: "Wir können mehr tun"Bild: picture-alliance/dpa/P. Dasilva

Die sozialen Netzwerke:

Facebook, der Gigant unter den sozialen Netzwerken, hat inzwischen reagiert: Ein neues System markiert Falschnachrichten und macht den Unterschied zu geprüften Informationen für Nutzer sichtbar. Im US-Präsidentschaftswahlkampf war das Unternehmen in die Kritik geraten, weil Fake News auch über die Nachrichtenkategorie in der Timeline der Nutzer angezeigt wurden. Dass es mit dieser Kennzeichnung allein nicht getan ist, weiß auch Mark Zuckerberg: "Wir können mehr tun, als unserer Gemeinschaft die Möglichkeit zu geben, Nachrichten-Enten und Fake News zu melden", teilte der Facebook-Chef in einem Statement mit. Konkrete Pläne sind allerdings noch nicht bekannt.

Deutschland Sigmar Gabriel Bilanz zur Wirtschaftspolitik 2016
SPD-Vorsitzender Gabriel fordert "gegenhalten"Bild: Reuters/F. Bensch

Die Politiker:

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg fordert im Interview der Deutschen Welle: "Straftatbestände verschärfen." Rechtliche Maßnahmen gegen Fake News sind seiner Meinung nach keine "Beschneidung der Meinungsfreiheit", sondern sollten Bestrebungen verhindern, "die die Medienlandschaft und das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat destabilisieren wollen". Auch der Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fordert "alle Demokraten" auf, im Kampf gegen Fake News und Social Bots (künstlich erzeugte Postings) gegenzuhalten. Der bevorstehende Bundestagswahlkampf solle "nicht wie in den USA" geführt werden. Dort hatten aus Russland lancierte Falschmeldungen im vergangenen Jahr nachweislich vor allem einem Kandidaten geholfen: Donald Trump. "Russland hat ein Interesse daran, unsere Gesellschaft zu spalten und zu verunsichern", so der CDU-Politiker Ansgar Heveling in einem Interview der "Passauer Neuen Presse".

GMF 2015 Plenary session How technology is redefining diplomacy
OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit: Es braucht Selbstregulierung Bild: DW/M. Magunia

Die Digitalrechtler:

Der Kampf gegen Fake News könnte aber auch mediale Grundfreiheiten gefährden: "Niemand sollte für seine Aktivitäten in sozialen Netzwerken, sei es das Teilen von Inhalten oder das Verfassen privater Nachrichten, bestraft werden", warnt Dunja Mijatovic von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). "Probleme in sozialen Netzwerken sollten ausschließlich durch Selbstregulierung, Bildung und Medienkompetenz reguliert werden", argumentiert die OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit, "nicht durch neue Restriktionen." Vor allem sollten private Betreiber wie Facebook oder Twitter nicht über richtig oder falsch urteilen, warnt Joe McNamee, Direktor der Europäischen Initiative für Digitalrechte (EDRi), im Interview der Deutschen Welle: "EDRi würde es strikt ablehnen, wenn private, profitorientierte Firmen zu Schiedsrichtern über die Wahrheit und somit zum Gesetzgeber, Juror und Vollstrecker unserer Kommunikationsfreiheit würden."