Facebook-Diskussion
5. Juli 2011Jeder Facebook-User hat es sicher schon gesehen: Das kleine Kalendersymbol, das anzeigt, dass man zu einer Veranstaltung eingeladen worden ist. Meistens kennt man den Ursprung der Einladung: Geburtstags- oder Einweihungspartys, Grillabende oder andere Verabredungen. Wer eine solche Veranstaltung erstellt, lädt auch in der Regel nur Freunde und Bekannte ein.
Man kann aber auch Einladungen an die gesamte Facebook-Gemeinde verschicken. Absichtlich oder unabsichtlich. Da hatte das Mädchen aus Hamburg, das über Facebook versehentlich öffentlich zu ihrem 16. Geburtstag geladen hatte, noch vergleichsweise Glück gehabt: Nur 1600 Personen kamen – es hätten Hunderttausende werden können. Dennoch: Die Polizei musste einschreiten und sogar den einen oder anderen Partygänger festnehmen.
Die Diskussion beginnt
Ereignisse wie dieses haben Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann dazu veranlasst, ein Verbot der sogenannten Facebook-Partys zu fordern. Doch in Berlin will man erst mal den Ball flach halten – so sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU): "Allein die Tatsache, dass es am Rande solcher Partys zu Ausschreitungen kommen kann, rechtfertigt ein grundsätzliches Verbot nicht."
Immerhin: Die Polizei hat ein Auge auf solche Einladungen geworfen, scannt die sozialen Netzwerke auf anonym aufgerufene Massenveranstaltungen durch. Am vergangenen Wochenende waren an die hundert Polizisten in Wuppertal vorsichtshalber bei einer drohenden Massenparty erschienen; letztendlich kamen aber nur acht Gäste.
Mehr als nur Massenevents mit Spaßfaktor
Facebook und Co. bieten die Möglichkeit, mit wenig Aufwand extrem viele Menschen an einem Ort zusammenzubringen. Die Anlässe sind verschiedenster Natur: Gemeinsam einen Sonnenuntergang angucken, den Sommeranfang feiern oder auch ein Aufruf zum Massenbesäufnis im Park. Viele sehen da schon eine neue Jugendkultur im Anmarsch. So ist es durch soziale Netzwerke sehr einfach geworden, sogenannte Flashmobs zu organisieren. Man ruft Leute zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zusammen, um eine gemeinsame Aktion durchzuführen. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt: Bei Politiker-Reden haben sich schon hunderte Flashmobber ins Publikum gemischt und mit übertriebenem Beifall gestört. Andere Flashmobs finden an großen öffentlichen Plätzen statt, wo Menschen plötzlich auf ein Zeichen hin eine Kissenschlacht beginnen oder sich mit Bananen beschießen, um nach wenigen Minuten einfach ihrer Wege zu gehen. In Videoportalen wie YouTube gibt es Tausende Beispiele gelungener Flashmobs.
Und noch einen Vorteil hat die schnelle Verbreitung von Informationen über das Netz: Ohne Twitter und Facebook wäre die friedliche Revolution in Tunesien wohl nicht möglich gewesen. Viele andere arabische Despoten haben das Machtpotenzial der sozialen Netzwerke erkannt. So sind die Bemühungen in Ländern, wo gegen das Regime protestiert wird, groß, dem Volk seine wirksamste Waffe zu nehmen und den Internetzugang zu sperren.
Wenn die Einladung nach hinten losgeht
Zurück nach Deutschland - hier kommt es immer öfter vor, dass Leute zu öffentlichen Massenpartys kommen, die einfach nur randalieren wollen. Das kann zu teuren Polizeieinsätzen führen. Die Kosten müssen Land und Kommunen tragen, da oftmals die Veranstalter solcher Partys nicht ausfindig gemacht werden können. Denn Facebook-User können sich unter vielen Decknamen anmelden, sie brauchen nur eine Email-Adresse anzugeben, und auch die muss nicht echt sein. So kann man ganz in Ruhe und anonym erheblichen Schaden anrichten. Das soll in Zukunft verhindert werden, damit man sich die Kosten für einen teuren Polizeieinsatz vom Verursacher zurückholen kann - das fordert Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD).
Die meisten Politiker halten das für eine gute Idee. Ein generelles Verbot von Aufrufen zu Massenveranstaltungen auf Facebook aber finden viele übertrieben. "In Deutschland denkt auch keiner darüber nach, den Fußball zu verbieten, nur weil es gelegentlich am Rande durch einige Krawallmacher zu Problemen kommt", so Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger. Er will aber mit Netzwerken wie Facebook in Kontakt treten, damit sie die technischen Voraussetzungen schaffen, um zu unterbinden, "dass einer anonym Hunderttausende einladen darf".
Wie das möglich sein soll, ist allerdings fraglich. Schließlich ist Facebook weltweit zugänglich und hat mehr als 700 Millionen User, die diese Plattform auch deswegen nutzen, weil sie viele Menschen innerhalb kürzester Zeit erreichen können. Sie und auch Facebook-Chef Marc Zuckerman wird dieses Anliegen einiger deutscher Politiker wahrscheinlich nicht interessieren.
Autorin: Silke Wünsch (dpa, afp)
Redaktion: Petra Lambeck