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Slowakei zur Entschädigung von Holocaust-Opfern bereit

17. Mai 2002

- Entwurf eines entsprechenden Abkommens soll bis Ende Juni stehen

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Prag, 16.5.2002, CTK, engl.

Die slowakische jüdische Gemeinde hat heute die Entscheidung der Regierung begrüßt, Vizepremierminister Ivan Miklos und Pal Csaky damit zu beauftragen, bis Ende Juni den Entwurf eines Abkommens zu erarbeiten, nach dem Opfer des Holocaust für das vom slowakischen Staat im Zweiten Weltkrieg konfiszierte Eigentum entschädigt werden sollen. "Gott sei Dank! Es hat den Anschein, dass die Dinge in Bewegung kommen", sagte der Vorsitzende des Zentralverbandes Slowakischer Jüdischer Gemeinden, Frantisek Alexander, heute der Nachrichtenagentur CTK. "Die Regierung hat Csaky mit der Unterzeichnung eines Abkommens beauftragt, damit diese Fragen ein für allemal geklärt werden", bestätigte der Sprecher Csakys, Peter Miklosi.

Die jüdische Gemeinde hatte Premierminister Mikulas Dzurinda im Frühjahr 1999 aufgefordert, dieses Problem zu lösen. Im vergangenen Sommer wurde eine gemischte Kommission unter Leitung von Csaky gebildet, der Vertreter der slowakischen Regierung, der slowakischen jüdischen Gemeinde, des World Jewish Congress, des American Jewish Congress, der Organisation B'nai Brith sowie Vertreter Israels angehören. Die erste Sitzung der Kommission fand letzten Dezember statt.

In einem Bericht Csakys an die Regierung heißt es, Experten bezifferten den Wert des konfiszierten jüdischen Eigentums mit über 26 Milliarden Kronen. Der Zentralverband der Juden schlug unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des slowakischen Staates vor, ein Zehntel dieser Summe an den Entschädigungsfonds für Opfer des Holocaust zu transferieren. Zu diesem Zwecke werden auch Mittel aus der Privatisierung herangezogen werden.

"Wir wissen, in welchem Zustand sich die Slowakei befindet und wir sind uns dessen bewusst, dass man sich über die Höhe der Entschädigung auf dem Wege eines Kompromisses einigen muss", sagte Alexander. "Wir müssen uns aber darüber einig werden, wie diese Sache ohne Verzug zu regeln ist", fügte er hinzu...

Über das Entschädigungsverfahren ist noch nicht entschieden worden, obwohl wahrscheinlich auf das tschechische Modell zurückgegriffen wird.

Während der nazifreundlichen Regierung von Jozef Tiso und nach der Niederschlagung des slowakischen Nationalaufstandes im Zweiten Weltkrieg wurden über 70 000 slowakische Juden in Nazi-Konzentrationslager deportiert und umgebracht. Jüdisches Eigentum wurde von der Tiso-Regierung beschlagnahmt und wurde nach dem Krieg nur teilweise zurückgegeben, denn die große Mehrheit der ursprünglichen Eigentümer und deren Nachfahren sind nicht mehr am Leben. Die jüdische Gemeinde mit etwa 3000 Angehörigen hat nicht genug Geld, um wenigstens ein Objekt für Überlebende des Holocaust und für die Bewahrung des jüdischen Kulturerbes zu errichten. Das ist auch der Grund, warum die jüdische Gemeinde bislang erfolglos gegen Deutschland um die Erstattung der Deportationsgebühren, die der slowakische Staat zur Zeit des Krieges an die Nazis für die deportierten Juden gezahlt hat, prozessiert hat. Die Gebühren für jeden einzelnen deportierten Juden betrugen 500 DM. (TS)