Slowakei: Ratgeber für Investoren
22. Mai 2002Prag, 17.5.2002, PRAGER ZEITUNG, deutsch, Marcel Reichel
(...) Das Steuersystem der Slowakei ähnelt dem der EU-Mitgliedsstaaten. Hauptsteuerarten sind die Körperschafts- und Einkommenssteuer bei direkten Steuern sowie die Mehrwertsteuer als indirekte Steuer. Die Slowakei hat mit vielen Ländern, darunter auch der Bundesrepublik, ein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung abgeschlossen. Im Januar 2000 wurde ein neues Steuergesetz verabschiedet, das wesentliche Erleichterungen für Unternehmen einführte.
So wurde zum Beispiel der Körperschaftssteuersatz von 40 Prozent auf 29 Prozent gesenkt. Eine weitere Senkung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent ab Anfang 2002 wurde im November vorigen Jahres vom Parlament beschlossen. Ausländischen Investoren wird zusätzlich eine Vielzahl von Steueranreizen geboten.
Steuerjahr ist das Kalenderjahr. Steuererklärungen müssen bis zum 31. März des darauf folgenden Jahres abgegeben werden, Fristverlängerungen sind möglich.
Wer ist steuerpflichtig
Körperschaftssteuer wird in der Slowakei fällig auf weltweite Einkünfte von juristischen Personen mit Sitz in der Slowakei und auf in der Slowakei erzielte Einkünfte von ausländischen Unternehmen, die in der Slowakei mittels einer permanenten Präsenz oder einer Zweigstelle operieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Art und Umfang der absetzbaren Betriebsausgaben in der Slowakei vom Standard in vielen westeuropäischen Ländern zum Nachteil des steuerpflichtigen Unternehmens unterscheiden. Bei offenen Handelsgesellschaften werden die Gesellschafter einzeln entsprechend ihrem Gewinnanteil versteuert. Natürliche Personen sind dementsprechend einkommenssteuer- und juristische Personen körperschaftssteuerpflichtig.
Natürliche Personen einschließlich ausländischer Experten sind mit ihrem gesamten Einkommen steuerpflichtig in der Slowakei, wenn sie sich mindestens 183 Tage des Kalenderjahres im Land aufhalten. Personen, die weniger als 183 Tage des Kalenderjahres im Land sind, müssen ihr in der Slowakei erzieltes Einkommen versteuern. Doppelbesteuerungsabkommen können allerdings besondere Regelungen für bestimmte Länder enthalten. Das Einkommen eines Ausländers ist nicht steuerpflichtig, wenn er von einem Unternehmen mit Sitz im Ausland in die Slowakei abgeordnet wurde. Weitere Steuern sind für bestimmte Einkunftsarten wie Dividenden, Zinsen oder Tantiemen fällig. Durch bilaterale Steuerabkommen können sich diese Steuersätze verändern. Unternehmen mit Sitz in Deutschland zum Beispiel zahlen auf Einkünfte aus Dividenden fünf Prozent und aus Zinsen null Prozent Steuern.
Mehrwertsteuer ist zu entrichten auf den Verkehr von Waren und sonstigen Leistungen und den Import von Waren. Unternehmen, deren Umsatz 750.000 slowakische Kronen übersteigt, sind verpflichtet, sich bei der Steuerbehörde als mehrwertsteuerpflichtig zu registrieren. Ist der Umsatz niedriger, kann sich ein Unternehmen registrieren. Nicht mehrwertsteuerpflichtig sind bestimmte Dienstleistungen wie Versicherungen, Post, Radio und Fernsehen, die Veräußerung von Gebäuden, die älter als zwei Jahre sind, Ausbildung oder Gesundheitsvorsorge. Außerdem nicht mehrwertsteuerpflichtig ist der Verkauf von Betriebsanteilen, das Leasing von Immobilien, der Verkauf von Wohnungen und die Betriebsveräußerung. Mehrwertsteuer wird nicht erhoben auf Exportgüter und -dienstleistungen sowie auf Güter und Dienstleistungen, die an ein Unternehmen mit Sitz im Ausland geleistet werden.
Rechnungswesen
Die Slowakei ist im Begriff, internationale Buchführungsstandards einzuführen. Alle Unternehmer sind zur Buchführung verpflichtet. In das Handelsregister eingetragene Firmen sind zur doppelten Buchhaltung verpflichtet. Aktiengesellschaften müssen darüber hinaus eine ordentliche und außerordentliche Bilanz erstellen, die von einem lizensierten Wirtschaftsprüfer zu prüfen und zu veröffentlichen ist. GmbHs sind prüfungspflichtig, wenn der Jahresumsatz 40 Millionen Kronen oder das reine Geschäftsvermögen 20 Millionen slowakischer Kronen übersteigen.
Allgemeine Wirtschaftsinformationen
Das Haushaltsdefizit der Slowakei beträgt in den ersten vier Monaten diesen Jahres 13,497 Milliarden Kronen. An Einnahmen wurden 72,174 Milliarden verzeichnet, dem standen 85,671 Milliarden slowakischer Kronen an Ausgaben gegenüber.
Die Inflationsrate im Monat April lag im Vorjahresvergleich bei 3,6 Prozent, damit erreichte sie den gleichen Wert wie im Monat März. Im Dezember vergangenen Jahres wurde noch ein Preisanstieg von 6,5 Prozent verzeichnet.
Die Industrieproduktion muss ruckläufige Wachstumszahlen hinnehmen, im März wuchs sie nur um 0,7 Prozent, im Februar waren es noch 5,7 Prozent.
Informationen zur slowakischen Baubranche
Die Bauindustrie muss schon seit längerer Zeit Einbußen hinnehmen. Im Dezember sank die Produktion im Vorjahresvergleich um 8,2 Prozent, im Januar um 4,2 Prozent, im Februar um 5,5 Prozent. Die jetzt veröffentlichten Zahlen für den Monat März zeigen einen Rückgang von 0,8 Prozent, es deutet sich also eine langsame Erholung an.
Lohnsteigerungen konnte das Statistische Amt der Slowakei für die meisten Branchen im Monat März vermelden. Die Reallohne stiegen beispielsweise im Monat März im Großhandel im Vergleich zum März 2001 um acht Prozent, in der Industrie um fünf Prozent, im Gaststättengewerbe um 4,8 Prozent und im Transportgewerbe um 4,3 Prozent. Sehr bescheiden fiel mit 1,3 Prozent der Zuwachs im Einzelhandel aus; im Baugewerbe war gar ein Rückgang von 1,6 Prozent zu vermelden. (ykk)