Sinkende Pegelstände in Passau
3. Juni 2013Kein Trinkwasser, kein Strom und braune Brühe im Keller: Das Hochwasser hat weite Teile im Süden und Osten der Bundesrepublik in Katastrophenregionen verwandelt. In der bayerischen "Drei-Flüsse-Stadt" Passau - gelegenen an Donau, Inn und Ilz - wurde am Montagabend ein neuer Rekord gemessen. Nach tagelangem Dauerregen stand das Wasser der Donau 12,89 Meter hoch, der Pegelstand des Inn stieg auf 9,60 Meter. Nur aus dem Jahr 1501 ist ein höherer Wert überliefert.
Pegel ein halber Meter unter dem Höchststand
Inzwischen ist nach Einschätzung des Krisenstabs jedoch das Schlimmste überstanden. Die Wasserstände von Inn und Donau seien in der Nacht zum Dienstag deutlich gefallen, sagte ein Sprecher. So habe der Pegelstand der Donau um 04.00 Uhr mehr als einen halben Meter unter dem Höchststand gelegen. Bis zum Nachmittag soll das Wasser auf etwas über zehn Meter zurückgehen. Da auch der Wasserstand des Inn um mehr als zwei Meter sinken werde, könne das Hochwasser, das jetzt noch von Regensburg nach Passau fließe, gut kompensiert werden.
Auch in anderen bayerischen Gemeinden bleibt die Lage angespannt. Am Alpenrand fielen in den letzten vier Tagen mehr als 400 Liter Regen pro Quadratmeter. Weite Teile der Region um Rosenheim haben sich in eine Seenplatte verwandelt.
Mulde meterhoch in Altstadt von Grimma
Im Osten Deutschlands sieht es vergleichbar schlimm aus. Im sächsischen Grimma steht das Wasser der Mulde meterhoch in der Altstadt. In Dresden wurde angesichts der weiter anschwellenden Elbe die Evakuierung von flussnahen Wohngebieten vorbereitet. An den Grenzen zwischen Thüringen und Sachsen trat die Weiße Elster flächendeckend über die Deiche. Die Pegel der Flüsse steigen stündlich weiter bedrohlich an. In den thüringischen Kreisen Greiz und Altenburger Land sind mehr als 12.000 Haushalte ohne Strom.
Auch das "Stadion der Freundschaft" im flussnahen Hofwiesenpark von Gera wurde überflutet. Der bereits am Wochenende evakuierte Ort Serbitz steht noch immer komplett unter Wasser. Die Stadt Halle befürchtet nach eigenen Angaben das schlimmste Hochwasser seit 70 Jahren. In Sachsen-Anhalts einwohnerstärkster Kommune fließt die Weiße Elster in die Saale, die bereits jetzt einen Wasserstand von über sieben Metern hat. Normal sind knapp zwei Meter.
EU-Kommission und Merkel versprechen Hilfe
Die Europäische Kommission will den Opfern der Überschwemmungen mit Millionenbeträgen aus dem europäischen Solidaritätsfonds helfen. Der Fonds war nach dem "Jahrhunderthochwasser" 2002 gegründet worden. Er soll beim Wiederaufbau in den geschädigten Regionen helfen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte den Menschen in den am stärksten betroffenen Bundesländern "volle Unterstützung" zu. An diesem Dienstag wird die Kanzlerin im Brennpunkt Passau erwartet. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich besuchte mehrere vom Hochwasser betroffene Orte. Auch andere Politiker aus Bund und Ländern fuhren in die Krisengebiete oder kündigten ihren Besuch an. Vor Ort sind in den Überflutungsgebieten Soldaten der Bundeswehr im Einsatz, um Feuerwehr, technisches Hilfswerk (THW) und private Helfer zu unterstützen.
Notstand in fast allen Regionen Tschechiens
In Tschechien rief die Regierung wegen der Überflutungen für fast alle Regionen des Landes den Notstand aus. In der Hauptstadt Prag errichtete die Feuerwehr mobile Hochwasserbarrieren, um die Altstadt zu schützen. Der U-Bahn-Verkehr im Zentrum der Millionenstadt wurde aus Sicherheitsgründen eingestellt. Die slowakische Hauptstadt Bratislava bereitet sich auf die nahende Donau-Flutwelle vor. Der Wetterdienst rief die höchste Warnstufe aus. Der Schiffsverkehr auf der Donau wurde eingestellt.
Anders als in Tschechien dürfte die österreichische Hauptstadt trotz stetig steigender Pegelstände wohl von Überflutungen verschont bleiben: In Wien entlastet das in den 1970er Jahren ausgehobene Großprojekt "Neue Donau" die Stadt von den Fluten. Der künstlich geschaffene Donau-Seitenarm leitet die Wassermassen um und ist nach Aussage der Behörden groß genug. In Niederösterreich spitzt sich die Situation allerdings weiter zu. Vielerorts wurden Evakuierungen angeordnet.
Einen Lichtblick gibt es: Die Meteorologen rechnen damit, dass der Regen in den kommenden Tagen fast überall nachlässt.
sti/qu/kle (dpa, afp)