Lebenslang für Silk Road-Gründer
30. Mai 2015Der Gründer der Untergrund-Handelsplattform Silk Road, Ross Ulbricht, soll lebenslang ins Gefängnis. Das entschied ein New Yorker Gericht, wie unter anderem die Finanznachrichtenagentur Bloomberg aus dem Gerichtssaal berichtete. Über Silk Road wurden im Internet Drogen, Hacker-Software und gefälschte Ausweisdokumente verkauft. Die Plattform soll aber auch für illegale Aktivitäten wie Geldwäsche eingesetzt worden sein.
"Sie sollen Ihr Leben im Gefängnis verbringen", sagte Richterin Katherine Forrest bei der Urteilsverkündung in dem voll besetzten Gerichtssaal, in dem auch Ulbrichts Eltern saßen. "Was Sie mit Silk Road getan haben, war furchtbar zerstörerisch für unser soziales Gefüge", sagte sie. Angesichts der guten Ausbildung, die Ulbricht genossen habe, seien dessen Taten umso unbegreiflicher. Ulbricht soll laut Anklage mit der Handelsplattform 18 Millionen Dollar (16,5 Millionen Euro) verdient haben.
Ulbricht wurde von dem Gericht auch dazu verdonnert, 184 Millionen Dollar zurückzuzahlen. Der Betrag soll unter anderem durch den Verkauf beschlagnahmter Bestände der Digitalwährung Bitcoin beglichen werden. Eine Verkürzung der lebenslangen Haftstrafe ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Ulbrichts Anwalt stellte eine Berufung in Aussicht.
Ulbricht war bereits im Februar schuldig gesprochen worden. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass er unter dem Decknamen "Dread Pirate Roberts" die illegale Plattform steuerte. Die Ermittler schätzten zunächst, dass über Silk Road illegale Drogengeschäfte im Volumen von rund 1,2 Milliarden Dollar abgewickelt worden waren. Später wurde der erwiesene Betrag auf rund 200 Millionen Dollar reduziert. Auf Silk Road waren unter anderem Heroin, Kokain und LSD erhältlich.
Ulbricht selbst behauptete, er habe Silk Road nur als "ökonomisches Experiment" gestartet und dann in andere Hände gegeben. Allerdings hatten die Ermittler besonderen Wert darauf gelegt, ihn mitten in einem Online-Chat festzunehmen, den er als "Dread Pirate Roberts" führte. Das Notebook, das die Beamten Ulbricht buchstäblich unter den Fingern wegrissen, half der Anklage, Geschworene und Gericht davon zu überzeugen, dass Ulbricht in Wirklichkeit die ganze Zeit hinter Silk Road steckte.
Sie fanden dort ausführliche Chat-Protokolle im Namen von "Dread Pirate Roberts" vor - und die Ereignisse in dessen Leben wie etwa Erkrankungen oder Reisen fielen mit denen in Ulbrichts Alltag zusammen. An einer Stelle schrieb er zudem einem Vertrauten, er habe mehreren Mitwissern zur Sicherheit die Lüge aufgetischt, dass er die Kontrolle über Silk Road abgegeben habe.
Erfolglose Auftragsmorde
Ulbricht soll auch versucht haben, mehrere Morde in Auftrag zu geben. Er scheint dabei zwar auf einen Trick hereingefallen zu sein, bei dem sich zunächst ein angeblicher Erpresser bei ihm meldete - und dann ein vermeintlicher Killer, der anbot, diesen auszuschalten. Richterin Katherine Forrest berücksichtigte bei ihrem Urteil aber, dass Ulbricht willig auf dieses Angebot angesprungen sei, auch wenn danach keine Hinweise auf tatsächliche Morde gefunden worden seien.
Die Ermittlungen waren knifflig, weil die Website über verschlüsselte Internetverbindungen lief und Transaktionen anonym über die Digitalwährung Bitcoin abgewickelt wurden. Silk Road agierte im sogenannten "Dark Web" hinter einem Schutzwall von Anonymisierungs-Servern, mit denen die Identität von Käufern und Verkäufern geheimbleiben sollte. Die Zahlungen per Bitcoin sollten ebenfalls dafür sorgen, dass die Geldströme nicht nachverfolgbar wären.
"Fehler eingesehen"
Nach wie vor ist unklar, wie genau die Ermittler auf Ulbricht als die Person hinter "Dread Pirate Roberts" kamen. Die Erklärung, dass er ganz zu Beginn eine Spur mit einer E-Mail-Adresse hinterlassen habe, zweifelten einige Prozessbeobachter an.
Die Mindeststrafe lag bei 20 Jahren. Ulbricht hatte das Gericht noch vergangene Woche in einem Brief ersucht, ihn nicht lebenslang hinter Gitter zu stecken, weil er seine Fehler eingesehen habe. Er habe sich verändert und bitte, ihm wenigstens eine Aussicht auf einen Lebensabend in Freiheit zu lassen.
Richterin Forrest ließ sich jedoch nicht erweichen. Ulbricht habe sich mit Silk Road bewusst über das Gesetz stellen wollen und müsse nun die Konsequenzen tragen. Vor der Verkündung der Strafe traten im Gericht auch Verwandte mehrerer Silk Road-Kunden auf, die an Drogen-Überdosis gestorben waren.
stu/ml (afp, dpa)