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Sierra Leone wählt Präsidenten und Parlament

24. Juni 2023

Inmitten einer heftigen Wirtschaftskrise war die Bevölkerung Sierra Leones aufgerufen, das Parlament und den Präsidenten neu zu wählen. Für Zündstoff sorgten vorab vor allem die düsteren Aussichten für die Jugend.

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Sierra Leone | Präsidentschafts- und Parlamentswahlen | 
Eine ältere Frau gibt ihre Stimme in einem Wahllokal in der Hauptstadt Freetown abBild: John Wessels/AFP/Getty Images

In Vorwahlumfragen in dem kleinen Land an der afrikanischen Westküste lag der amtierende Präsident Julius Maada Bio vorne und darf auf eine Wiederwahl hoffen. Und das, obwohl die 8,8 Millionen Einwohner mit einer desolaten Wirtschaft zu kämpfen haben. 60 Prozent der jungen Leute sind arbeitslos, der Preis von Reis hat sich in Bios erster Amtszeit seit 2018 gut vervierfacht. Sierra Leone gehört nach dem Index der Vereinten Nationen zu dem Dutzend der ärmsten Länder der Welt.

Sierra Leone | Wahlen | Julius Maada Bio
Staatspräsident Julius Maada Bio bei einem Wahlkampfauftritt am 20. Juni 2023Bild: JOHN WESSELS/AFP/Getty Images

Bios Herausforderer Samura Kamara ist Wirtschaftswissenschaftler - ein früherer Finanz- und Außenminister, der einen Ruf als volksferner Technokrat hat. Der 72-Jährige unterlag dem 59-jährigen Bio bereits 2018 knapp. Seinerzeit trat Kamara für die damals regierende Partei All People's Congress (APC) an, während Bios Partei Sierra Leone People's Party (SLPP) ein Jahrzehnt in der Opposition verbracht hatte. Die beiden Parteien dominieren Sierra Leone seit Jahrzehnten entlang ethnischer und regionaler Linien. Insgesamt traten 13 Kandidaten an, von denen 11 als chancenlos gelten oder einen der Favoriten stützen. Erhält keiner 55 Prozent der Stimmen, kommt es wie bereits 2018 zu einer Stichwahl.

Viele junge Wähler

Auch das Parlament und Gemeinderäte des westafrikanischen Küstenstaats, der von der Größe etwa Bayern entspricht, wurden an diesem Samstag neu gewählt. Von den 3,3 Millionen Wahlberechtigten sind 60 Prozent jünger als 35 Jahre alt. Von 1991 bis 2002 herrschte ein Bürgerkrieg in Sierra Leone, in dem Schätzungen zufolge rund 70.000 Menschen getötet wurden. Danach wuchs die Wirtschaft rasant an - bis ein Ebola-Ausbruch das Land 2014 in eine jahrelange Krise stürzte. Tausende Menschen starben an dem Virus. Die Wirtschaft hat sich seitdem nicht erholt. Viele Menschen vor allem auf dem Land leben unter extremer Armut.

Sierra Leone | Wahlen | Samura Kamara
Der Oppositionspolitiker Samura Kamara spricht zu seinen Anhängern Bild: ISSOUF SANOGO/AFP/Getty Images

Bio, der 1996 zwei Monate nach einem Militärputsch regierte und zum Übergang zu den ersten freien Wahlen seit Jahrzehnten beitrug, wird von vielen als "Vater der modernen Demokratie" des Landes verehrt. Seine seit 2018 amtierende Regierung führte kostenlose Schulbildung ein, förderte Gleichberechtigung, Wissenschaft und die Infrastruktur des Landes.

Grassierende Inflation

Gleichzeitig steht Bio wegen der Wirtschaftslage mit grassierender Inflation und verfallender Währung ebenso wie seinem Vorgehen gegen Gegner in der Kritik. Bei gewaltsamen Protesten gegen die hohen Lebenskosten und Korruption wurden im August mehr als ein Dutzend Menschen getötet. Kritisiert wird auch, dass Bios Korruptionsbekämpfung sich vornehmlich auf die Opposition erstreckte, während Vorwürfe gegen seine Verwaltung offenblieben. Gegen seinen Rivalen Kamara läuft ein Prozess wegen Korruptionsvorwürfen beim Bau einer diplomatischen Vertretung von Sierra Leone in New York.

Die Afrikanische Union und die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas riefen die politischen Parteien vor der Wahl zur Achtung des Rechts auf. Nach Medienberichten hatte es in der Hauptstadt Freetown am Mittwoch gewaltsame Zusammenstöße zwischen Anhängern der Opposition und den Sicherheitskräften gegeben. Kamaras APC rief vor der Abstimmung zu Protesten auf und warnte vor unfairen Wahlen. Die Wahllokale schließen am Samstag um 19.00 Uhr MESZ.

kle/sti (epd, afp, dpa)