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Pekings Blick auf Athen

Frank Sieren15. Januar 2015

China hat ein Interesse an einem hilfsbedürftigen Griechenland. Aber an einem, das im Euro-Raum bleibt und von Brüssel kräftig unterstützt wird, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Parthenon in Athen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Yorgos Karahalis

Die Chinesen sind in Griechenland nicht kleinlich. Weil sich europäische Investoren seit der Schuldenkrise von Griechenland weiterhin fernhalten, nutzen die Chinesen ihre Chance und investieren vor allem in Infrastruktur, die ihnen hilft, den europäischen Markt zu erschließen. Erst im Sommer vergangenen Jahres ist Chinas Premier Li Keqiang nach Griechenland gereist, um Verträge im Wert von rund fünf Milliarden Euro zu unterzeichnen. Bisher passt das für beide Seiten gut. So gut, dass selbst, wenn die linke Oppositionspartei Syriza die griechischen Wahlen Ende Januar gewinnen würde, was als gut möglich gilt, Peking keine Kurskorrektur fürchten muss.

Dies hat ihr Spitzenkandidat Alexis Tsipras, bereits angekündigt. Und auch seine anderen Positionen kommen Peking sehr entgegen. Tsipras hat inzwischen einen Ausstieg seines Landes aus dem Euro ausgeschlossen. Er stehe aber "an der Spitze des Kampfes gegen die Sparpolitik, die Europa ruiniert". Beides hält man in Peking für richtig. Denn China profitiert davon, wenn die EU mehr in Griechenland investiert. Doch genau deshalb wird Tsipras von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Skepsis betrachtet. Sie hält mehr von einem Sparkurs für Griechenland. In dieser Frage haben Peking und Berlin also unterschiedliche Vorstellungen.

Umfangreiche Investitionen geplant

Peking ist an einem prosperierenden Griechenland in einem prosperierenden Europa interessiert. Wenn es nicht anderes geht, auch auf Pump. Eine Entwicklung also, die es China ermöglicht, über Griechenland viele seiner Produkte zu verkaufen und möglichst lange an der Logistikkette zu verdienen. Politisch ist ein starkes Europa für China ebenfalls wichtig. Denn es relativiert die Machtposition der Amerikaner. Peking verfolgt die Strategie, durch Zukäufe und Beteiligungen seine eigenen Interessen zu stärken und sich weltweit besser zu positionieren. Und Griechenland wiederum will einen drohenden Zusammenbruch vermeiden und sucht daher händeringend nach Investoren, um die tief verschuldeten Staatskassen aufzufüllen.

Frank Sieren
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Schon 2010 hat der ehemalige griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou den Weg für eine engere Zusammenarbeit geebnet. Nun fünf Jahre später zaudern vor allem die Deutschen wieder mit den Griechen. Die Chinesen jedoch schmieden immer größere Investmentpläne. Peking will sich durch den Ausbau des Athener Flughafens Chinas Tür in den innereuropäischen Flugmarkt öffnen. Bisher fliegen chinesische Fluggesellschaften zwar nach Europa, innerhalb Europas geht jedoch wenig. Da ist dann zum Beispiel Air China darauf angewiesen, dass der Star Alliance Partner Lufthansa die Passagiere übernimmt und dann auch das Geld verdient. Damit das nicht so bleibt, will Peking sich in eine griechische Airline einkaufen. Deren Flugzeuge sollen an einem Drehkreuz stationiert sein, das ähnlich wichtig sein soll wie das der Türkei heute.

Ein Passagierflugzeug der chinesischen Fluggesellschaft China Eastern Airlines Foto: picture alliance/Wolfgang Mendorf
Chinesische Fluggesellschaften wollen künftig nicht nur nach Europa, sondern auch innerhalb Europas mehr fliegenBild: picture alliance/Wolfgang Mendorf

Bereits 70 Prozent Anteil am Frachthafen von Piräus

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will bis 2017 den größten Flughafen der Welt in Istanbul bauen. Dieser soll die bisherigen Standorte in Dubai oder den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Asien, Europa und Afrika miteinander verbinden, ablösen. So ein Flughafen würde in Griechenland die Wirtschaftskraft wesentlich stärken. Die Leasingverträge mit chinesischen Investoren für den Hafen von Piräus gelten dabei als Vorbild. Für über vier Milliarden Euro hat sich das chinesische Transportunternehmen Cosco die Leasingverträge für 35 Jahre gesichert. Für Cosco rechnete sich die Investition schon nach kurzer Zeit, werden doch täglich mehr als 4000 Container umverladen.

Piräus ist einer der verkehrsreichsten Häfen der Welt. Seit 2008 gehören Cosco immerhin schon 70 Prozent des Frachthafens von Piräus. Nun will das Staatsunternehmen aus China alle Anteile aufkaufen. Und die Milliarde, die das kosten würde, wäre vier Mal günstiger, als den laufenden Leasingvertrag zu bedienen - also ein Schnäppchen. Am 24. Dezember jedenfalls telefonierte der griechische Premierminister Antonis Samaras mit seinem chinesischen Kollegen Li Keqiang, um ihm mitzuteilen, dass das Parlament grundsätzlich grünes Licht gegeben hat. Nun muss man sich noch über die geschäftlichen Fragen einigen.

Das Meer im griechischen Hafen von Piräus Foto: DW/J. Papadimitriou
Zwei Drittel des griechischen Frachthafens von Piräus gehören bereits der chinesischen Firma CoscoBild: DW/J. Papadimitriou

Vier Billionen Dollar Devisenreserven

Für China jedenfalls wäre der volle Besitz eines Hafens in der EU ein wichtiger Schritt. Genauso wichtig, wie ein Drehkreuz für seine Luftfahrt im Mittelmeerraum. Insgesamt will Peking in den nächsten zehn Jahren über eine Billion Dollar im Ausland investieren. Dabei kommt ihm die derzeitige Dollarstärke sehr entgegen. Denn die Chinesen sitzen gegenwärtig schon auf vier Billionen Dollar Devisenreserven, die sie bislang durch Exportüberschüsse anhäufen konnten. Und der Euro ist schwach. All diese strategischen Erwägungen ziehen an den normalen Chinesen völlig vorbei. Für sie wird Griechenland allenfalls als Ferienland immer interessanter. Allerdings haben 2013 erst 30.000 Menschen diese Chance ergriffen. Also fast niemand in China. Und auch unter den fast 18 Millionen Touristen, die 2013 in Griechenland waren, dürften die Chinesen kaum aufgefallen sein.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.